Im Laufe der vergangenen paar Jahre wütete eine Hitzewelle nach der anderen. In Kombination mit dem trockenen Klima lösten die hohen Temperaturen Wald- sowie Flächenbrände aus und forderten schon zahlreiche Leben. Wie hoch müssen sie aber sein, um auch ohne Flammen ein lebensbedrohliches Risiko darzustellen – wann droht die Überhitzung?
Überhitzung beim Menschen – die richtige Temperatur messen
Die Trockenkugeltemperatur (DBT von engl. Dry-Bulb Temperature) ist das, was du misst, wenn du ein Thermometer in die Luft hältst. Sie zeigt dir also an, wie warm oder kalt deine Umgebung ist. Allerdings sagt sie nicht direkt etwas darüber aus, mit welchen Graden dein Körper zu kämpfen hat. Denn als Menschen besitzen wir eine Gabe, die im Tierreich ausgesprochen selten ist: Wir können schwitzen.
Verdampft das Wasser auf deiner Haut, „stiehlt“ es deinem Körper Energie in Form von Wärme. Dadurch können wir Menschen auch bei hohen Temperaturen einen kühlen Kopf bewahren – ähnlich wie Affen, Pferde, Kamele, Raubkatzen und Bären.
Um also Aussagen bezüglich der Überhitzung beim Menschen treffen zu können, sehen wir uns die Feuchtkugeltemperatur (WBT von engl. Wet-Bulb Temperature) an. Sie misst man mit einem Thermometer, das in ein mit Wasser getränktes Tuch gehüllt ist. Wichtig ist dabei, dass die Temperatur des Wassers dabei der DBT entspricht.
Hyperthermie erst ab 35 °C WBT?
Schon im Rahmen einer 2009 im Fachjournal PNAS veröffentlichten Studie untersuchte ein Forscherduo die Grenze der menschlichen Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel durch Hitzestress. Prof. Steven Sherwood von der University of New South Wales (UNSW Sydney) und Prof. Dr. Matthew Huber von der Purdue University im US-amerikanischen Indiana kamen dabei zu einem sehr eindeutigen Schluss.
„Wir vertreten die Auffassung, dass Hitzestress einer solchen Anpassung eine robuste Obergrenze setzt“, schreiben die Forscher. Sie werde durch die WBT gemessen und sei in den verschiedenen Klimazonen erstaunlich ähnlich. Tatsächlich habe diese Grenze an keiner Stelle die 31 Grad Celsius (°C) überschritten.
„Jede Überschreitung von 35 °C über einen längeren Zeitraum dürfte bei Menschen und anderen Säugetieren eine Überhitzung auslösen, da die Ableitung der Stoffwechselwärme unmöglich wird.“
Prof. Steven Sherwood
Prof. Dr. Matthew Huber
Risiken starten schon vorher
Während Sherwood und Matthew die sogenannte kritische WBT (auch Twb,crit-Wert) mit 35 °C bezifferten, wollen sich damit doch nicht alle zufriedengeben. So bemühte Daniel Vecellio vom Zentrum für gesundes Altern der Pennsylvania State University gemeinsam mit seinem Team eine weitere Untersuchung, die sie Anfang 2022 im Journal of Applied Physiology publizierten.
Die Besonderheit: Diese Studie ist die erste, die sich auf empirische physiologische Beobachtungen, um die theoretische Grenze von 35 °C WBT für Menschen zu untersuchen.
„Bei sechs experimentell ermittelten Umgebungsgrenzwerten erreichte der Twb,crit-Werte bei keinem Probanden den Grenzwert von 35 °C“, erläuterten die Forschenden darin. Auch alle Mittelwerte hätten unter dem 2010 bestimmten theoretischen Schwellenwert gelegen.
„Die mittleren Twb,crit-Werte waren in feuchten Umgebungen von 36 °C bis 40°C relativ konstant und betrugen durchschnittlich 30,55 ± 0,98 °C, nahmen aber in heißeren, trockenen Umgebungen progressiv ab.“
D. Vecellio et al.
Symptome einer Überhitzung
Vereinfacht ausgedrückt: Bei einer Feuchtkugeltemperatur ab circa 29 °C solltest du bereits aufpassen. Denn bei Überhitzung kann dein Körper heftig reagieren. Die Symptome reichen von Kopfschmerzen, Reizbarkeit und Durst über Schwindel, Übelkeit und Erbrechen bis hin zu starken Koordinationsstörungen. Unbehandelt kann sich eine Hyperthermie zudem zu einem Hitzeschlag entwickeln.
Quellen: „An adaptability limit to climate change due to heat stress“ (PNAS, 2010); „Evaluating the 35°C wet-bulb temperature adaptability threshold for young, healthy subjects (PSU HEAT Project)“ (Journal of Applied Physiology, 2022)
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