In einem Experiment mit Schweinen waren Forschende in der Lage das Zellsterben nach dem Tod hinauszuzögern. Stunden später unter dem Mikroskop konnte man kaum einen Unterschied der Schweineorgane mit denen lebender Organismen unterscheiden. In der Medizin könnte diese Technik wahre Wunder wirken. Allerdings gibt es auch ethische Bedenken.
Wann spricht man vom Tod? Experiment stellt Definition in Frage
Wissenschaftlich gesehen ist eine Person auch im jahrelangen Koma noch am Leben. Denn erst sobald alle lebenswichtigen Funktionen von Organen und Zellen zum Erliegen kommen, ist man medizinisch gesehen tot, wie der rbb einordnet. Wenn die Lungen aufhören zu arbeiten und das Gehirn nicht mehr mit Sauerstoff versorgt wird, gibt es vom Sterben in den Tod keinen Weg zurück mehr. Oder?
Ein Experiment an Schweinen rüttelt an dieser Tatsache und lässt die Grenzen zwischen Leben, Tod und Sterben in der Wissenschaft verschwimmen. Forschenden der Yale University in den USA ist es nämlich gelungen, eine Stunde nach dem Tod von Schweinen einige Organfunktionen wiederherzustellen.
Sie haben den Tieren eine zellschützende Flüssigkeit namens OrganEx verabreicht, die eigens für die Studie entwickelt wurde. OrganEx wurde mit Hilfe eines Geräts ähnlich einer Herz-Lungen-Maschine durch den Organismus gepumpt, wie der Begleitartikel zur Studie erklärt. Damit konnten grundlegende Organfunktionen sowie die Blutzirkulation auch nach dem Tod der Schweine widererlangt werden. Die Borstentiere erwachten dadurch allerdings nicht wieder zum Leben.
Das bedeutet das Tierexperiment für die Wissenschaft
Stattdessen könnte man die Erkenntnisse von Neurowissenschaftler Nenad Sestan und seinem Team für die Organspende verwenden. Wenn es gelingt Nieren und Co. auch längere Zeit nach dem Tod im Körper zu reaktivieren, würde man Zugang zu wesentlich mehr menschlichen Spenderorganen erlangen als bisher möglich. Die Ergebnisse unter dem Mikroskop waren vielversprechend, denn es ließ sich kaum ein Unterschied zwischen gesunden und mit OrganEx behandelten Organen feststellen.
Zudem wäre die Sicherstellung der Organgesundheit bei Operationen länger möglich. Gegebenenfalls könnte man damit Eingriffe vornehmen, die bisher undenkbar sind. Die Autor*innen der Studie sind außerdem der Überzeugung, dass man durch weitere Forschung auch bei Schlaganfällen oder Herzinfarkten mit OrganEx arbeiten könne.
Ethische Bedenken nicht ausgeschlossen
Auch wenn sich der Tod an sich mit der neuen Methode nicht aufhalten lässt, schreien die Versuchsergebnisse nach einer neuen Definition des körperlichen Zustands. Denn tatsächlich ist man nicht von der einen auf die andere Sekunde plötzlich nicht mehr am Leben. Die Zellen und Organe im Körper sterben Stück für Stück ab. Nur so war es möglich bei den Schweinen einige Funktionen wiederherzustellen. Doch wenn das Blut wieder beginnt zu zirkulieren, was ist man dann? Tot oder lebendig?
Sestan und sein Team geben zu, dass es nicht nur medizinischer sondern auch ethischer Überlegungen bedarf, wenn die Forschung mit OrganEx weitergehen soll. Ähnlich äußerst sich auch Stephen Latham, Direktor des Yale Interdisziplinären Zentrums für Bioethik. „Es gibt zahlreiche potenzielle Anwendungen dieser aufregenden neuen Technologie“.
Allerdings müsse man die weitere Forschung genaustens beobachten, insbesondere wenn Gehirnaktivitäten wiedererlangt werden können. Es gibt sogar Theorien die besagen, dass das Bewusstsein nach dem Tod noch stundenlang andauern könnte.
Quelle: Yale University, rbb
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