Ob früh am Morgen oder lieber doch nach einem anstrengenden Tag – Duschen ist stets eine angenehme und auch wichtige Tätigkeit für die Hygiene und das eigene Wohlbefinden. Allerdings hält sich schon lange bei vielen der Eindruck hartnäckig, dass man unter dem fließenden Wasser auch sehr gut nachdenken und auf gute Ideen kommen kann. Über die Gründe hierzu gab es bislang eher verschiedene Ansichten und Erkenntnisse. Mit einer neuen Studie soll nun mehr Klarheit geschaffen werden.
Duschen: Nicht zu öde, nicht zu anspruchsvoll
Zac Irving von der University of Virginia führte gleich zwei sich ähnelnde Experimente durch, um für seine Studien herauszufinden, wie sich bestimmte Arten an Tätigkeiten auf die Gedankengänge von Personen auswirken können.
Aus ihnen lässt sich unter anderem schlussfolgern, dass eine ungebrochene Konzentration auf eine Aufgabe Kreativität erstickt. In dem Fall sei es empfehlenswert, eine Pause und etwas anderes, weniger einnehmendes zu machen – wie Duschen zum Beispiel. Das erlaubt frei umherwandernde Gedanken, allerdings mit einigen Einschränkungen.
Wird es aber zu langweilig, können die Gedanken schnell abdriften und man ist abgelenkt. Die Wahrheit liege also in einem Gleichgewicht zwischen freiem und fokussiertem Denken.
Auch gut zu wissen: Sich schnell mal mit Wasser abspritzen gehen sollte mit Bedacht angegangen werden. Tatsächlich ist die Tageszeit beim Duschen sehr wichtig.
Filmszene vs. Wäschefalten
In den Experimenten ließen Irving und sein Team jedoch keine Teilnehmerinnen und Teilnehmer duschen. Stattdessen sollten sie sich zunächst alternative Gebrauchsmöglichkeiten für einen Ziegelstein oder eine Büroklammer ausdenken.
Anschließend sollte die eine Hälfte der Personen eine dreiminütige, fesselnde Szene aus dem Film „Harry & Sally“ sehen, während die anderen Männern beim Wäschefalten in einem Video zusehen sollten. Danach sollten alle unangekündigt weitere Ideen vorschlagen. Sowohl Anzahl als auch Originalität der Vorschläge wurden bewertet. Zusätzlich sollte man Auskunft darüber geben, wie sehr die eigenen Gedanken bei den Videos umhergewandert sind.
Das Ergebnis: Das Schauen der Filmszene zog kreativere Gedankengänge und damit auch Ergebnisse nach sich. Das langweilige Video erbrachte weniger gute Ergebnisse, aber: „Langweilige Aufgaben können vorteilhaft sein, weil sie das Pendeln zwischen Perioden des fokussierten und des ungehinderten Denkens gestatten können.“
- Übrigens: Expertinnen und Experten empfehlen eine ungewöhnliche Regel, wenn es darum geht, wie oft du duschen sollst.
Mildes Maß an Ablenkung fördert Kreativität
Ein weiteres Experiment wiederholte im Grunde das erste. Der Unterschied: Dieses Mal bekam eine Hälfte vor den Videos Bescheid, dass sie anschließend zur vorherigen Aufgabe zurückkehren würden, während die anderen nur eine vage Andeutung erhielten. Herauskam die Erkenntnis, dass sich frei bewegende Gedanken innerhalb einiger Grenzen (also während einer nur leicht anspruchsvollen Tätigkeit) neuartige Ideen hervorbringen.
Auch interessant: Wenn die Zuschauer des langweiligen Videos auch vorher über die Rückkehr zur alten Aufgabe Bescheid wussten, erzeugten sie zwar anschließend mehr, aber immer noch weniger originelle Ideen. Die Filmszene jedoch war ausreichend ablenkend, sodass Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei ihren Gedanken an die alte Aufgabe anfingen, eine Verknüpfung mit dem Video herzustellen.
Für eine endgültige Antwort gebraucht es der Studie nach noch weiterer Forschung. Die neuen Resultate liefern aber schon einmal eine bessere Vorstellung davon, wie leicht anspruchsvolle Tätigkeiten, zu denen auch das Duschen gehört, kreative Gedanken fördern können.
Quelle: „The shower effect: Mind wandering facilitates creative incubation during moderately engaging activities“ (2022)
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