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Medikamente: Wann einnehmen? Die Tageszeit ist wichtiger als bislang gedacht (Studie)

Wer krank ist, nimmt früher oder später Medikamente ein. Neuen Studien zufolge könnte dabei die Tageszeit von entscheidender Bedeutung sein.

Verschiedene Sorten Tabletten.
© Andrzej Tokarski - stock.adobe.com

Medikamente aus dem Netz // IMTEST

Während der Pandemie war der Zutritt zur Arztpraxis oft nicht möglich. Viele bestellen seitdem rezeptfreie Medikamente aus Versandapotheken.

Krankheiten jedweder Art können uns nahezu jederzeit und ganz unerwartet befallen. Dann gilt es, sich möglichst viel auszuruhen – und eventuell die ein oder anderen Medikamente einzunehmen. Von diesen verspricht man sich für gewöhnlich rasche Heilung. Einem aufstrebendem Forschungsfeld zufolge gilt es allerdings eine Sache dabei zu beachten: die Tageszeit. Denn es kann tatsächlich den richtigen oder falschen Moment für die Einnahme geben.

Medikamente richtig nehmen: Es kommt auf die Uhrzeit an

Forschungen der jüngeren Vergangenheit befassen sich im Feld der sogenannten Chronotherapie mit Medikamenten und deren Effektivität im Zusammenhang mit der circadianen Rhythmik. Unter dem Begriff sind innere Rhythmen mit einer Periodenlänge von 24 Stunden in Organismen zusammengefasst. Diese haben erhebliche Auswirkungen auf die körperlichen Funktionen. Der Schlaf-Wach-Rhythmus ist eine der offensichtlichsten Folgen davon.

Zu diesen Untersuchungen gehört auch eine neue Studie von Tobias Eckle der University of Colorado School of Medicine. Er und sein Team haben sich nämlich beispielhaft das Beruhigungsmittel Midazolam angeschaut, das häufig vor Operationen verabreicht wird.

Denn schon zuvor hatte man herausgefunden, dass die Arznei die Ausschüttung eines Proteins im Rahmen des circadianen Rhytmus reduziert. Dieses Protein wirkt sich wiederum beschützend auf das Herz aus. Eckle hat dies nun weitergedacht und auf Auswirkungen des Medikamentes nach OPs und zu verschiedenen Tageszeiten geschaut.

Bei Nacht: Erhöhtes Risiko zu Herzverletzungen nach OP

Dazu hat man zwei Millionen Gesundheitsakten unter die Lupe genommen. Dabei stellten die Forschenden eines fest: Es gibt einen Zusammenhang zwischen Midazolam und einem dreimal erhöhten Risiko für post-operative Herzmuskelverletzungen, wenn die OPs in der Nacht und an gesunden Menschen durchgeführt wurden – obwohl es sich nicht einmal um Herz-OPs handelte.

Übrigens: Nicht nur die Tageszeit ist entscheidend. Laut einer Studie solltest du deine Körperhaltung bei der Tabletten-Einnahme dringend beachten.

Daraus folgert man, dass sich das Medikament in den circadianen Rhythmus eingemischt und das Herz der jeweiligen Patienten geschwächt beziehungsweise angreifbarer gemacht hat für operative Auswirkungen.

Circadianer Rhythmus beeinflusst Medikamentenwirkung und umgekehrt

Die neuen Befunde von Eckle und seinem Team reihen sich in die Riege anderer Studien zur Chronotherapie ein. Bei einer Untersuchung beobachtete man zum Beispiel, wie sich das Wachstum von Krebstumoren je nach innerem Rhythmus verändert. Im Zuge dessen schlug man vor, dass Medikamente zur Behandlung von Brustkrebs am besten morgens eingenommen werden sollten.

Bei einer weiteren Studie wiederum kam heraus, dass gängige entzündungshemmende Medikamente die Knochenheilung deutlich verlangsamten, wenn sie spät am Abend eingenommen wurden.

Weitere Studien zur Chronotherapie seien noch nötig. Allerdings sei es schon jetzt ratsam, bei der Entwicklung neuer Arzneien den circadianen Rhythmus zu berücksichtigen. Viele Ärzte würden diesen außerdem bei Verschreibungen nicht beachten und Empfehlungen orientieren sich eher nach Effizienz als nach Effektivität – nur das könnte am Ende mehr Schaden verursachen, als erwartet.

Quellen: „Time-of-day dependent effects of midazolam administration on myocardial injury in non-cardiac surgery“ (Frontiers in Cardiovascular Medicine, 2022), „Chronotherapy of Non-Steroidal Anti-Inflammatory Drugs May Enhance Postoperative Recovery“ (Scientific Report, 2020), „G1/S cell cycle regulators mediate effects of circadian dysregulation on tumor growth and provide targets for timed anticancer treatment (Plos Biology, 2019)

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