In der Archäologie geht es darum, zu verstehen, die antike Gesellschaften funktioniert haben. Doch manchmal verraten die Funde sogar noch viel mehr als ursprünglich erhofft. In Schweden entdeckte man nun eindrucksvolle Malereien an Felswänden. Doch aufgrund ihrer Lage, ist zu erkennen, dass die Welt früher ganz anders ausgesehen haben muss.
Archäologie-Fund an schwedischer Klippe
Bei dem Archäologie-Fund handelt es sich um mehrere Wandmalereien, die unter dichtem Moos in Kville, einer Ortschaft in Südschweden, entdeckt wurden. Diese insgesamt 40 Felszeichnungen müssen vor knapp 3.000 Jahren in der Bronzezeit entstanden sein.
Die Abbildungen, die teilweise gewöhnliche Alltagssituationen, Schiffe, aber auch mysteriöse Rituale zeigen, sind so zahlreich und riesig, dass der Archäologe Andreas Toreld vom womöglich größten Fund der Neuzeit spricht. Der Forscher erklärt gegenüber SVT Nyheter, einem schwedischen Nachrichtenmagazin, dass es sich bei diesem großflächigen Fund um eine wahre Prahlerei gehandelt haben muss, da die Bilder nach Entfernung des Mooses weitläufig zu erkennen sind.
Doch das allein macht die Entdeckung nicht zur absoluten Einzigartigkeit. Vielmehr stutzen Forschende über die Entstehungsgeschichte.
Meeresspiegel 10 Meter höher als heute
Die Stiftelsen för dokumentation av Bohusläns Hällristningar, also eine Archäologie-Stiftung speziell zur Dokumentation der Felszeichnungen von Bohuslän, ordnet den Fund weiter ein:
„Was die Felszeichnung völlig einzigartig macht, ist, dass sie sich 3 Meter über dem heutigen Boden auf einer steilen Felsoberfläche befindet, die sich in der Spätbronzezeit auf einer kleinen Insel befand.“
Stiftelsen för dokumentation av Bohusläns Hällristningar via facebook
Die 40 Bilder müssen von einer Plattform oder aus einem Schiff gezeichnet worden sein. Aber egal ob Boot oder Steg – der Meeresspiegel war vor 2.700 Jahren noch um einiges höher als heute, wie durch den Archäologie-Fund klar wird. „Die Petroglyphe soll von einem Boot aus geschnitzt worden sein, als das Meer etwa 12 Meter über dem heutigen Meeresspiegel lag“, schlussfolgern die Forschenden.
Region ist UNESCO Weltkulturerbe
Die Ortschaft Kville gehört zur Region Bohuslän und ist damit ein absoluter Archäologie-Hotspot, erklärt VICE. Inzwischen weiß man, dass vor 4.000 bis 2.500 Jahren das Gebiet vor allem von Handwerker*innen und Seeleuten bewohnt war. Mithilfe der Bilder dokumentierten sie viele Aspekte ihres alltäglichen Lebens. Und heute haben wir die Möglichkeit dank der Abbildungen in die Vergangenheit zu blicken.
Nicht umsonst gilt die Region auch als UNCESO Weltkulturerbe. Auf der Webseite der Organisation heißt es des Weiteren zu Bohuslän, die Schnitzereien erscheinen teilweise geplant und „umfassen lebhafte Szenen und komplexe Kompositionen aus aufwändigen Motiven aus den Bereichen Reisen, Status, Macht, Kriegsführung und Kult“.
Keine klassische Geschichtsschreibung im Norden
In den nordischen Ländern gibt es keine frühe Geschichtsschreibung wie wir sie etwa in Zentraleuropa aus der Angelsächsischen Chronik kennen. Allerdings sind hier die Erzählungen nicht historisch akkurat, da die Chronik vor allem dazu diente das „heldenhafte“ Leben von König Alfred zu inszenieren. Bewohner*innen des Nordens wurden darin also verzerrt dargestellt und oft abgewertet.
In Schweden dienten daher solche Felswände oder sogenannte Runensteine den Bewohner*innen in der Bronzezeit und später den Wikingern und Wikingerinnen als Option, Geschichte zu fixieren. Die Aufgabe der Archäologie wird durch diese Tatsache also noch bedeutender.
Welche Details der Archäologie-Fund in Kville noch offenbaren wird, bleibt abzuwarten. Allerdings ist gut möglich, dass die bizarren Rituale, die im uralten Stein fixiert sind, auch ein Rätsel bleiben. Das wäre in der Archäologie keinesfalls untypisch. Hier etwa präsentieren wir dir sieben Archäologie-Funde, über die sich Forschende bis heute den Kopf zerbrechen.
Quelle: SVT Nyheter, Facebook/Stiftelsen för dokumentation av Bohusläns Hällristningar, UNESCO, VICE, eigene Recherche
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