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Beliebtes Amazon-Produkt jetzt illegal? Amtsgericht fällt klares Urteil

Der Schutz deines Eigentums ist nicht wichtiger als die Privatsphäre anderer. Zu diesem Schluss kam jüngst ein Gericht und setzte damit neue Maßstäbe für die Nutzung von Sicherheitskameras.

Richterhammer in einem Gerichtssaal
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Die Installation von Sicherheitskameras an Häusern ist praktisch, kann aber Spannungen unter Nachbarn verursachen. Ein kürzliches Urteil des Amtsgerichts (AG) Gelnhausen hat ebendieses Thema behandelt. Das Gericht entschied, dass Überwachungskameras mit Schwenkfunktionen unzulässig sind, wenn sie elektronisch so eingestellt werden können, dass sie Nachbargrundstücke filmen.

Nachbarschaftsstreit dank Sicherheitskameras

Ein Nachbarschaftsstreit entstand, als eine Kamera unter einem Balkon auf dem Grundstück der Beklagten installiert wurde. Das Gerät war von den Balkonen des Mehrfamilienhauses des Klägers sichtbar. Der Kläger war besorgt, dass die Sicherheitskamera sein Grundstück filmen könnte, und suchte rechtlichen Beistand, obwohl der Nachbar versicherte, dass sie nicht auf sein Gebäude gerichtet sei.

Das Verhältnis des Klägers zum Nachbarn war bereits angespannt, hauptsächlich wegen des Baus eines Mietshauses. Der Kläger bemerkte die Kamera nach Weihnachten 2023 und fürchtete deren Fähigkeit, sein Grundstück zu erfassen. Er forderte über einen Anwaltsschreiben, dass die Störung durch die Kamera eingestellt werden soll.

Die Beklagten antworteten, dass die Kamera nicht auf das Grundstück des Klägers gerichtet sei. „Der Grundstückseigentümer hatte daraufhin gegen den Eigentümer des Nachbargrundstücks den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt“, erklärte Christian Solmecke, Autor und Partner der Kanzlei WBS Legal. Damit habe er erreichen wollen, „dass die Kamera so eingerichtet wird, dass sie sein Grundstück nicht erfassen könne“.

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Urteil zugunsten des Klägers

Das Gericht entschied im Urteil vom 4. März 2024 (Az. 52 C 76/24), dass das Potenzial der Kamera, das Nachbargrundstück zu filmen, ausreichte, um einen legitimen Überwachungsdruck zu erzeugen. Diese Entscheidung berücksichtigte den Kontext der angespannten Beziehung und die Fähigkeiten des Geräts. Die Angst vor Überwachung wurde unter diesen Umständen als glaubwürdig angesehen.

Das Urteil entsprach einem Präzedenzfall des Bundesgerichtshofs. Es wurde festgestellt, dass Überwachungsdruck nur dann ausgeschlossen sei, wenn erheblicher und sichtbarer manueller Aufwand erforderlich sei, um die Sicherheitskamera zu justieren. Ein elektronischer Mechanismus zur Einstellung reichte aus, um ein Verbot zu rechtfertigen.

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass der Kläger einen gültigen Anspruch auf eine Unterlassungsverfügung hatte. „Darauf, ob die Kamera das Nachbargrundstück tatsächlich erfasst, komme es nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht an“, betonte die Ordentliche Gerichtsbarkeit Hessen. „Es sei bereits unzulässig, dass sie – wie vorliegend gegeben – über einen elektronischen Mechanismus auf dieses ausgerichtet werden könne.“

Vorsicht auch mit Ring-Kameras

Das Urteil des AG Gelnhausen hat klare Auswirkungen auf die Nutzung smarter Sicherheitskameras. Betroffen sind damit auch die derzeit stark beworbenen Modelle von Amazons Ring. Nutzende solcher Geräte müssen sicherstellen, dass diese nur das eigene Grundstück überwachen und keine Nachbargrundstücke erfassen können. Andernfalls könnten rechtliche Probleme aufgrund von Datenschutzverletzungen entstehen und deine Nachbarinnen und Nachbarn hätten, womöglich sogar einen „Unterlassungsanspruch gemäß §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB“, wie Solmecke erklärte.

Konkret bedeutet das:

  • § 1004 Abs. 1 BGB : „Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.“
  • § 1004 Abs. 2 BGB : „Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.“
  • § 823 Abs. 1 BGB : „Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.“

Für Nutzende bedeutet das, ihre Kameras so zu konfigurieren, dass sie nicht unbemerkt auf Nachbargrundstücke schwenken können. Eine klare Trennung der überwachten Bereiche ist erforderlich, um rechtliche Konflikte zu vermeiden.

Quelle: WBS Legal; Bürgerservice Hessenrecht; Ordentliche Gerichtsbarkeit Hessen; Bürgerliches Gesetzbuch

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