Sie sollen zum Sport motivieren, beim Abnehmen helfen oder sogar Hautkrebs erkennen – Gesundheitsanwendungen für das Smartphone sind eine der Hauptkategorien in den App-Stores der großen Anbieter Apple und Android. Weit über 100.000 der kleinen Programme gibt es mittlerweile, hat die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen für eine neue Untersuchung ermittelt.
Die Verbraucherschützer nahmen eine Stichprobe von 17 kostenlosen Android-Apps unter die Lupe, die bei Rücken- und Rheumaleiden helfen sollen. Das Fazit: Statt zu helfen, könnten die Handyprogramme sogar Schaden anrichten.
Anbieter von Gesundheits-Apps kann jeder sein
Wer Gesundheits-Apps entwickeln und anbieten darf, ist nicht festgelegt. Ob es sich um das Angebot einer Krankenkasse, eines Verbandes oder auch eines Pharmaunternehmens handelt, das eigene Medizinprodukte vermarkten möchte, ist für Verbraucher dabei nicht immer ersichtlich.
Auch Privatpersonen ohne medizinische Kenntnisse können theoretisch eine Gesundheits-App anbieten. „Die Apps in unserem Check haben wir deshalb auf einige grundlegende Kriterien geprüft“, erklärt Regina Behrendt, Gesundheitsexpertin der Verbraucherzentrale NRW: Können Verbraucher erkennen, ob sich die App für sie eignet?
Mindestanforderungen an Schmerztherapie nicht erfüllt
Empfiehlt sie einen Arztbesuch, wenn sie sich gezielt an Patienten mit Beschwerden richtet? Und liefert sie Quellen für den medizinischen Inhalt? Ein Großteil der Apps erfülle diese Mindestanforderungen nicht. So richteten sich elf Programme speziell an Schmerzpatienten, fünf sogar konkret an Personen mit Rheuma oder Arthrose.
Doch nur vier enthielten den Angaben zufolge den Hinweis auf einen Arztbesuch und verlässliche Nachweise für die enthaltenen medizinischen Informationen. „Gerade wenn eine App sich an Patienten mit Beschwerden richtet, sollte die Anwendung unbedingt vorher mit einem Arzt oder Physiotherapeuten abgesprochen werden“, sagt Behrendt.
Nie auf App allein verlassen
Würde das Handyprogramm etwa Übungen gegen Schmerzen empfehlen, könnten diese im Zweifelsfall mehr Schaden anrichten als helfen. Laut Verbraucherzentrale NRW gibt es aber auch einige Positivbeispiele. Die Apps „Rheuma-Auszeit“ von der Deutschen Rheumaliga, das „Arthrose-Tagebuch“ von der Pharma-Fachagentur cipm, die von einem Arzt entwickelte „Rückenschmerz Soforthilfe“ und das Schmerztagebuch „CatchMyPain“ eines Schweizer Start-ups hätten die angelegten Grundanforderungen erfüllt. Dennoch rät Behrendt zur Vorsicht: „Verbraucher sollten sich nie auf eine App allein verlassen.“
Wer unsicher ist, wo im App-Store oder in der App wichtige Informationen wie das Impressum des Anbieters, Quellen für die enthaltenen Tipps oder ein möglicher Werbe-Hintergrund zu finden sind, kann die Anwendung beispielsweise auf der Seite www.healthon.de suchen. Die von der Firma Sanawork Gesundheitskommunikation betriebene Plattform kooperiert mit Krankenkassen und Apotheken und stuft Gesundheits-Apps in Risikostufen ein. Dazu prüfen die Experten Grundsätzliches, etwa Hinweise zu Datenschutzrichtlinien und Finanzierungsquellen.
„Appcheck“ kann bei der Entscheidung helfen
Sie kontrollieren aber auch, ob Tipps oder eben Übungen in den Apps möglicherweise gesundheitsgefährdend sein könnten. App-Anbieter können sich auch selbst für eine Bewertung bewerben und verpflichten sich damit zur freiwilligen Selbstkontrolle.
Eine Alternative zu der privat betriebenen Seite ist das vom Gesundheitsministerium Nordrhein-Westfalen mitfinanzierte Portal „Appcheck“ vom Zentrum für Telematik und Telemedizin (ZTG). Hier gehört sogar eine technische Prüfung mit zum Programm. Wer zwischen zwei Anwendungen schwankt, kann sich einen Vergleich anzeigen lassen. Allerdings sind bislang nur Apps aus den Bereichen Diabetes, Asthma, Demenz und Koronare Herzkrankheiten bewertet.