Veröffentlicht inDigital Life

Vor 50 Jahren wurde das Fernsehen bunt

1967 gab Willy Brandt den Startschuss für das Farbfernsehen. Er war allerdings einige Sekunden zu spät dran – beziehungsweise der Techniker zu früh.

Der Showmaster Vico Torriani mit seinen Assistentinnen in der ZDF-Show „Der Goldene Schuss“. Mit der Show kam vor 50 Jahren die farbige Fernsehwelt ins deutsche Wohnzimmer (Archivbild). Foto: Konrad Giehr

Zum Start des Farbfernsehens gab es erst einmal eine Panne. Am 25. August 1967 sollte der damalige Außenminister und Vizekanzler Willy Brandt das neue TV-Zeitalter starten. Auf der Funkausstellung in Berlin wurde eigens ein großer roter Knopf installiert – eine Attrappe, wie sich kurz danach herausstellte. Denn als der SPD-Politiker – eben noch in Schwarz-weiß zu sehen – diesen um 10.57 Uhr feierlich drückte, war es schon zu spät. Das übertragene Fernsehbild war bereits bunt. Wahrscheinlich hatte ein nervöser Techniker wenige Sekunden zu früh reagiert.

„Der Moment ist in die Technikgeschichte eingegangen“, erinnert sich Jürgen Tewes, damals Ingenieur beim Sender Freies Berlin (SFB). Vielen Menschen in Westdeutschland mag die Panne aber gar nicht aufgefallen sein. Nur einige tausend Farbbildschirme waren damals im Einsatz. Manch Glücklicher konnte den historischen Anfang im eigenen Wohnzimmer erleben, andere mussten sich an Schaufenstern der Elektronik-Läden die Nasen platt drücken.

An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von YouTube, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden.

Vier Stunden Farbfernsehen täglich

Die neue bunte Fernsehwelt entsprach absolut dem Zeitgeist. Am Abend des 25. August erstrahlte der „Goldene Schuß“ mit Vico Torriani in kolorierten Bildern. Andere Farbfernsehsendungen der ersten Stunde waren „Was bin ich?“ mit Robert Lembke, „Vergißmeinnicht“ mit Peter Frankenfeld und natürlich US-Serien wie „Bonanza“, „Flipper“ und „Bezaubernde Jeannie“. Anfangs verständigten sich ARD und ZDF darauf, nur vier Stunden die Woche Farbsendungen anzubieten. Nachrichten wie „heute“ und die „Tagesschau“ blieben gar bis 1970 im seriösen schwarzweiß.

Auch wenn die Bundesrepublik zu den ersten europäischen Ländern gehörte, die regelmäßig in Farbe ausstrahlten, war man im Vergleich zu den USA spät dran. Auf der anderen Seite des Atlantiks wurde das Farbfernsehen bereits 1954 nach dem sogenannten NTSC-Verfahren in Betrieb genommen, das zunächst noch einige Probleme aufwarf. „Man hatte dem System einen Spitznamen gegeben: „Never Twice The Same Colour“, erklärt Professor Ulrich Reimers vom Institut für Nachrichtentechnik der Technischen Universität Braunschweig. „Denn der Farbton war mal so und mal so.“

„Nicht die ganz große Revolution“

In Hannover entwickelte dann Ingenieur Walter Bruch in den sechziger Jahren in den Forschungslaboren von Telefunken das sogenannte PAL-Verfahren. „Es war nicht die ganz große Revolution, sondern es war die Verbesserung des NTSC-Verfahrens mit ein paar technischen Parametern“, erklärt Reimers. Auf Wunsch von Bruch wurde sein Farbfernsehen nicht nach ihm, sondern PAL (Phase Alternating Line) genannt, „Wollen Sie denn, dass unser Fernsehen künftig Bruchfernsehen heißt?“, witzelte er.

Dutzende Länder in Europa und weltweit übernahmen die Technik aus Deutschland. Dagegen griff man in Frankreich, den nordafrikanischen Maghreb-Staaten als ehemalige französische Kolonien und im Ostblock auf das SECAM-System zurück, das 1957 von dem französischen Ingenieur Henri de France entwickelt worden war. „Die Wahl der Technik wurde zur politischen Frage“, sagte Reimers. In der DDR wurde das Farbfernsehen erst zwei Jahre nach dem Startschuss in West-Berlin eingeführt, natürlich nicht per PAL, sondern wie in der Sowjetunion mit dem französischen SECAM-System.

Knallbunte Shows im Privatfernsehen

„In der Hoffnung auf viele friedlich-farbige aber auch spannend-farbige Ereignisse, gebe ich jetzt gewissermaßen den Startschuss“, hatte Brandt bei seinem missglückten Startschuss verkündet. Aber wie ging es in den nächsten fünf Jahrzehnten weiter?

Das Senderangebot entwickelte sich stetig fort. Mitte der 1980er Jahre startet der kommerzielle Sender RTL Plus. Mit knallbunten Shows wie „Tutti Frutti“ zog das Privatfernsehen in die westdeutschen Wohnzimmer. Anfang der 1990er Jahre ging dann der Bezahlsender Premiere auf Sendung. Und heutzutage sind Streamingdienste wie Netflix, Maxdome und Amazon nicht mehr wegzudenken.

Technisch gab es große Sprünge: Auf das analoge Fernsehen folgte später das digitale. Dank DVB-T konnten die Zuschauer deutlich mehr Programme über die Antenne empfangen. Große Auswahl und Programm rund um die Uhr statt eine Handvoll Sender und Testbild. Auch die Qualität wurde zunehmend besser. Statt der anfänglichen stark kolorierten Bilder gibt es heute die hochauflösende HD-Technik mit natürlichen Farbkontrasten.

[kein Linktext vorhanden]

Bunte Bewegtbilder im Alltag

Auch in Zeiten von Smartphones und Tablets ist die Nachfrage in Deutschland nach Fernsehgeräten weiterhin hoch: Nach Angaben der Gesellschaft zur Förderung der Unterhaltungselektronik wurden im vergangenen Jahr 6,9 Millionen Fernsehgeräte verkauft, 0,9 Prozent weniger als im Jahr zuvor.

Die bunten Bewegtbilder sind auch 50 Jahre nach dem Start des Farbfernsehens nicht aus dem Alltag der Deutschen wegzudenken. Seit dem Jahr 2000 stieg die durchschnittliche TV-Sehdauer laut Branchenverband VPRT sogar von 190 auf 223 Minuten pro Tag.

Du willst mehr von uns lesen? Folge uns auf Google News.

Markiert: