Auf YouTube erklärt Mirko Drotschmann als „MrWissen2go“ einem großen Publikum Themen aus Politik, Geschichte und Zeitgeschehen. Vor kurzem interviewte er mit anderen YouTubern Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihren SPD-Herausforderer Martin Schulz. Im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur verrät er, was dem Wahlkampf fehlt.
dpa: Wie „sexy“ war der Wahlkampf für die Generation YouTube und Facebook?
Mirko Drotschmann: Ob Wahlkampf überhaupt sexy sein kann, da bin ich mir nicht sicher. Grundsätzlich bin ich hin und her gerissen. Auf der einen Seite sollte Wahlkampf nicht nur über Flyer und mit Ständen auf Marktplätzen stattfinden – das erreicht junge Wähler nicht. Auf der anderen Seite kann es auch unauthentisch und anbiedernd wirken, wenn Politiker in sozialen Netzwerken unterwegs sind.
Aber war der Wahlkampf dieses Mal nicht wenigstens ein bisschen digitaler als vor vier Jahren?
Zwar begegnen einem die Kandidaten jetzt online häufiger, bei Google oder Facebook – auch durch gesponserte Posts. Aber die Parteien und Kandidaten müssen lernen, die Möglichkeiten besser zu nutzen. Man hätte etwa einen speziellen Blog einrichten können, der den Wahlkampf begleitet und der authentische Blicke hinter die Kulissen gibt. Aber: Social Media ist kein Allheilmittel.
Wer macht denn eine gute Figur im Netz – und wer nicht?
Die FDP setzt sich da ein bisschen vom Rest ab. Sie setzt ganz auf die Person Christian Lindner und führt das konsequent im Internet fort. Aber das Programm verschwindet hinter der Person. Auch die AfD scheint das Netz nach ihrem Verständnis erfolgreich zu nutzen – ob das immer sauber abläuft, sei dahingestellt. Die CDU hinkt hinterher: Angela Merkel hat kein Twitter, kein eigenen Facebook-Account. Martin Schulz hat immerhin einen Twitter-Account, postet wohl aber nicht selbst.
Hippe Wahlwerbung auf YouTube, Snapchat und Co. – nervt das, oder funktioniert’s?
Es kommt auf die Frequenz an. Irgendwann nervt es, aber immerhin sind die Parteien dann in den Netzwerken aktiv, in denen sie von Jüngeren wahrgenommen werden und sie abholen.
FDP-Chef Christian Lindner wurde im Wahlkampf als sprichwörtlicher „Poster-Boy“ kritisiert – wie relevant ist es denn ein Instagram-fähiger Politiker für junge Wähler?
Die Optik spielt schon eine Rolle. Aber es geht darum, eine Marke zu erzeugen. Es muss klar sein: Diese Person steht für diese Inhalte. Und was die Inhalte betrifft, da legen meine Zuschauer besonders Wert auf Bildungspolitik. Viele studieren. Rein von den Inhalten könnte die SPD bei den Jungen eigentlich punkten: Aber die Sozialdemokraten sind da wie ein gut gebauter Muskel-Typ in einem zu weitem Shirt: Man sieht nicht, was er zu bieten hat.
Zur Person: Mirko Drotschmann (31) ist ausgebildeter Journalist und erreicht mit seinem YouTube-Kanal „MrWissen2go“ Hundertausende. Er beschäftigt sich mit Fragen wie „Woher kommt unser Geld“, „Warum sind wir schlaflos?“ oder erklärt die Französische Revolution.