Aufnahmen von Dashcams, also Auto-Minikameras, können dem heutigen Urteil des Bundesgerichtshofes in Karlsruhe zufolge bei Unfällen verwendet und bei entsprechenden Prozessen genutzt werden (VI ZR 233/17).
Dashcam-Aufnahmen weiterhin nicht generell erlaubt
Das heißt aber nicht, dass man automatisch immer filmen darf. Die Richter verwiesen auf das Datenschutzgesetz. Das permanente Aufzeichnen bleibt nach wie vor unzulässig. Diese Unzulässigkeit führt aber nicht dazu, dass die Bilder in Zivilprozessen nicht verwertet werden dürfen. Es sei immer eine Frage der Abwägung im Einzelfall.
Noch im August 2017 wurde in Bezug auf die Verwendung einer Dashcam durch das Münchner Amtsgericht entschieden, dass Autofahrer ihren Wagen nicht mit Kameras ausstatten dürfen, um mögliche Sachbeschädigungen an dem Fahrzeug zu dokumentieren. Das Gericht verurteilte damals eine 52-Jährige zu einer Geldstrafe von 150 Euro, weil sie gegen das Datenschutzgesetz verstoßen habe (Urteil vom 9. August 2017, Az.: 1112 OWi 300 Js 121012/17).
Die Münchnerin hatte im August 2016 ihr Auto, in dem vorne und hinten Videokameras installiert waren, für drei Stunden in der Mendelssohnstraße geparkt. In diesem Zeitraum wurden drei verschiedene Fahrzeuge aufgenommen, eines davon touchierte ihren Wagen. Mit den Aufnahmen ging sie anschließend zur Polizei, die zu ihrer Überraschung eine Geldstrafe gegen sie verhängte. Die Fahrer seien auf den Aufnahmen nicht erkennbar gewesen.
Dashcam-Verstoß kann bis zu 300.000 Euro kosten
Der Richter argumentierte 2017, das anlasslose Filmen im öffentlichen Raum verletze das Recht auf Selbstbestimmung gefilmter Personen. Er hielt der Frau aber zugute, dass das Fahrzeug schon einmal beschädigt worden sei und sie „subjektiv einen Anlass hatte, die Kameras einzusetzen“. Gegen das Urteil wurde Rechtsbeschwerde eingelegt; es ist damit noch nicht rechtskräftig.
Generell kann ein Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz den Angaben nach mit einer Geldbuße von bis zu 300.000 Euro geahndet werden. Im aktuellen Fall berücksichtigte das Gericht, dass die Frau nur 1.500 Euro netto verdiene.
In Deutschland sind Dashcam noch wenig verbreitet
Anderes als in Russland fahren in Deutschland erst wenige Autofahrer mit den kleinen Kameras an Windschutzscheibe oder Armaturenbrett herum. Doch Dashcams werden auch hierzulande immer beliebter: Einer Umfrage des IT-Branchenverbands Bitkom zufolge nutzen diese derzeit acht Prozent von 1000 befragten Autofahrern. Weitere 13 Prozent wollen das in Zukunft auf jeden Fall tun, 25 Prozent können es sich vorstellen. Für ein hilfreiches Beweismittel halten sie fast drei Viertel der Befragten.
Grundlage des Verfahrens
Hintergrund des aktuellen Verfahrens ist ein Fall aus Sachsen-Anhalt: Ein Autofahrer wollte seine Unschuld an einem Unfall in Magdeburg anhand der Aufzeichnungen seiner Dashcam beweisen – doch weder das Amts- noch das Landgericht berücksichtigten die Bilder. Weil solche Aufnahmen gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstießen, dürften sie nicht als Beweis herangezogen werden, urteilten die Magdeburger Richter. Dagegen legte der Mann Revision beim BGH ein (VI ZR 233/17).
Der Karlsruher Richterspruch wurde von Verkehrsexperten mit Spannung erwartet. Die Rechtslage war bis jetzt unklar, die Gerichte hatten bislang unterschiedlich zum Einsatz der Dashcam-Aufzeichnungen geurteilt.
ADAC warnte vor „Hilfssheriffs“
Der Automobilclub ADAC hatte schon zuvor dafür plädiert, kurze „anlassbezogene“ Aufnahmen als Beweismittel zuzulassen. Der Datenschutz solle hingegen dann überwiegen, wenn „Hilfssheriffs“ wahllos filmten, um Verkehrsverstöße anderer anzuzeigen. In diese Richtung argumentiert schon länger auch der Verkehrsgerichtstag.