Facebook stand diese Woche im Visier der Öffentlichkeit wie selten zuvor. Mark Zuckerberg musste stundenlang vor dem US-Kongress aussagen und sich für den Datenskandal rund um Cambridge Analytica rechtfertigen. Das Stichwort „Künstliche Intelligenz“ fiel in der Befragung gleich mehrfach – und zwar immer dann, wenn es etwa um das Erkennen von Hasspostings ging, im selben Atemzug wie „Werbeanzeigen“ jedoch nie.
Werbung durch Prognosen
Dabei geht nun aus vertraulichen Dokumenten hervor, dass Facebook seit Jahren Künstliche Intelligenz auch bei Werbeanzeigen einsetzen soll, um damit Nutzern auf Basis künftiger Verhaltensweisen zielgerichtete personalisierte Werbung anzuzeigen. Richtig gelesen: „Zukünftiger Verhaltensweisen“.
Bei dem KI-Tool Namens „FBLearner Flow“ geht es nicht darum, Nutzern Werbung aufgrund dessen zu servieren, was sie am Vortrag in einer Suchmaschine eingegeben haben, sondern auf Basis dessen, wie sie sich zukünftig verhalten werden.
Verwendung seit Mai 2016
Facebook verkauft diese Möglichkeit auch an Werbekunden, wie aus einem Bericht von The Intercept hervorgeht. Beim „Predictive Advertising“ können Werbekunden nicht nur auswählen, wer wo wohnt, wie alt er ist oder was für Interessen er hat, um passende Werbeanzeigen einzublenden, sondern viel mehr. Laut dem Bericht von „Intercept“ fließen Live-Infos über den Aufenthaltsort, das verwendete Gerät, Details über aktuelle WLAN-Verbindungen sowie die Ähnlichkeit miteinander verknüpfter Profile mit ein.
„FBLearner Flow“ gibt es bereits seit Mai 2016 und bereits rund 25 Prozent des Entwicklerteams von Facebook verwendet diese Technik seit damals. Derartiges „Predictive Advertising“ ermöglicht es etwa, Kunden, die mit dem Gedanken spielen, eine Marke zu wechseln, mit Anzeigen dazu zu bewegen, doch bei der alten Marke zu bleiben.
Verhaltensweisen beeinflussen
Die Werbekunden von Facebook, die diese Methode nutzen, bekommen allerdings nicht die Daten zur Verfügung gestellt, sondern diese bleiben bei Facebook selbst. Das betonte Zuckerberg auch während der Befragung durch den US-Kongress immer wieder. Werbetreibende können Anzeigen nur entsprechend des von ihnen ausgewählten Verfahrens schalten, und nicht etwa direkt auf die Daten zugreifen. „FBLearner Flow“ ist eine der Möglichkeiten, die sie dabei zur Auswahl haben.
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Heikel ist der Einsatz eines derartigen KI-Verfahrens bei Facebook allerdings trotzdem. So lassen sich damit weite Teile des Lebens aktiver Facebook-Nutzer simulieren und beeinflussen. Obwohl Facebook angekündigt hat, bestimmte Arten von Werbung zukünftig im Wahlkampf zu verbieten, wäre der Einsatz dieses KI-Tools gerade von parteinahen Agenturen tatsächlich äußerst gefährlich.
Es wird zudem für Facebook schwierig werden, zu unterscheiden, ob es sich bei bestimmten Werbekunden um Anzeigen in einem Wahlkampf handelt oder nicht – so sind es selten Parteien, die Anzeigen schalten, sondern vielmehr deren Auftragnehmer.
Dieser Artikel erschien zuerst bei futurezone.at.