Die seit Freitag geltende europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) treibt teilweise absurde Blüten: Einwilligungs-Mails an Hunderte Empfänger, unfreiwillig komische Aufforderungen, aus zweifelhaften Gründen gesperrte Twitter-Accounts – aber auch Betrüger, die Phishing-Mails verschicken und gesperrte Websites. Ein Überblick.
Die DSGVO knipst das Licht aus
Besitzer von smarte Lampen der Firma „Yeelight“ dürften die neue Verordnung im eigenen Zuhause bemerkt haben, denn das Unternehmen stellte seine Dienste ein mit der Begründung: „Nach der DSGVO können wir unsere Dienste nicht mehr für Sie anbieten“.
Generell sind für europäische Nutzer amerikanischer Dienste schwierige Zeiten angebrochen. Erst diese Woche sperrten mehrere US-Zeitungen für ihre Leser aus der EU komplett das Angebot. Zugriff auf Services wie Instapaper oder das Online-Spiel Ragnarok bleiben ihnen nun ebenfalls verwehrt.
Auch hierzulande fühlen sich Viele dank DSGVO vor Probleme gestellt. Der Blogger Enno Park hat seit dem 25. Mai Links zu Webseiten gesammelt, die jetzt nicht mehr aktiv sind. Die „Toten Links der Woche“ belaufen sich mittlerweile auf mehr als 300 Stück.
Gesperrte Accounts
Twitter sperrte offenbar mehrere Accounts, weil sie angeblich zu jung seien. Verschiedene Nutzer berichteten von dem Problem, darunter gemeinnützige Vereine ebenso wie zum Beispiel die Nachrichten-Website netzpolitik.org, deren Account netzpolitik_org der Kurznachrichtendienst aus dem Netz nahm.
Erzdiözese Freiburg stoppt Livestreams
In den letzten Jahren übertrug die Erzdiözese Freiburg ihre Feiertagsgottesdienste aus dem Freiburger Münster im Internet. Damit ist jetzt Schluss. Der Grund ist dass, alle Zelebranten, Ministranten, Lektoren und Chorsänger sonst eine schriftliche Zustimmung geben müssten, schreibt die „Badische Zeitung“.
Phishing-Mails in Nachrichten-Flut
Verbraucherschützer warnen vor Betrügern, die in der E-Mail-Flut mitschwimmen. Und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) schreibt in einer Mitteilung: „Sie versenden unter anderem im Namen von Onlineshops wie Amazon, eBay und PayPal wie auch von namhaften Banken Phishing-E-Mails, in denen sie um die Eingabe von sensiblen Informationen bitten.“
Abgeschaltete Websites
Eine Reihe von Websites haben ihre Angebot vom Netz genommen, weil sie nach den neuen Regelungen Sanktionen befürchten. Nicht mehr erreichbar für User ist zum Beispiel die Rechtsanwaltskammer Düsseldorf (zur Webseite), die Heimwerker-Community (Homepage) des Geräteherstellers Bosch und das Forum der Seite Öffentlicher-Dienst.info (zum Forum).
Mehr Nachrichten zur E-Mail-Reduzierung
Der Dienst für Online-Umfragen Doodle hat seinen Nutzern eine besonders aberwitzige E-Mail geschickt. Doodle sei ein Dienst, mit dem sich die Anzahl der E-Mails reduzieren lasse. „Wir brauchen jedoch deine Zustimmung, um dir weiterhin Neuigkeiten zuzuschicken, zum Beispiel zu hilfreichen neuen Funktionen, neuen Wegen zur Reduzierung von E-Mails oder Aktionsangeboten zu unserem Premium-Dienst.“
DSGVO selbst offline
Selbst offline hat der Datenschutz deutlicheAuswirkungen. Die Tagesschau berichtete, dass sich der komplette Vorstand der Bewegungs- und Rehabilitationssportgemeinschaft Ingelheim gezwungen sah, zurückzutreten, weil man unter diesen Bedingungen die Arbeit nicht fortführen könne: „Ich kann nicht zu 250 Mitgliedern fahren und mir unterschreiben lassen, dass ich ihnen einen Brief schicken darf“, so der Kassenwart der Gemeinschaft.
Das Netz tobt und lacht
In den sozialen Netzwerken wird das Thema wie üblich auf ganz eigene Art verarbeitet. Beispiele besonders sonderlicher Vorfälle sorgen zumindest nicht nur für Wut, sondern auch für den ein oder anderen Lacher. Zum Beispiel Samsung-Kühlschränke, die in einen Streik treten, bis der neuen Verordnung zugestimmt wurde.
Kommentaren zur E-Mail-Flut, die dem Inkrafttreten der DSGVO voranging, und allen anderen Aspekten, die damit einhergehen, gibt es ausreichend.