Mit Covid-19 infizierte Menschen in Südkorea erfahren gegenwärtig Folgen ihrer Erkrankung, mit denen wohl kaum jemand im Verlauf der Corona-Pandemie kalkuliert hat. Sie erschweren die Situation der Betroffenen deutlich, denn sie müssen nicht mehr nur gegen den Erreger selbst kämpfen.
Corona-Pandemie hat unerwartete Folgen für Einzelne
Südkorea hat sich eigentlich hervorgetan mit der Bekämpfung der Corona-Pandemie. Weltweit wurden die Antworten im Land auf die Ausbreitung des Erregers gelobt, auch wenn sie sehr extensiv waren. Für diejenigen Südkoreaner, die sich dennoch mit dem Erreger infiziert haben, folgten daraus allerdings ganz andere Dinge: Sie werden online schikaniert.
Wie die New York Times (NYT) berichtet, haben die digitalen Bemühungen Südkoreas, Infizierte schnellstmöglich aufzuspüren auch dazu geführt, dass deren Informationen öffentlich im Netz landen können. Im exemplarisch genannten Fall einer Frau Kim seien ihr Alter, Geschlecht, Name ihrer Kirche und andere kürzliche Aufenthaltsorte bekannt gegeben worden.
Absurde Anschuldigungen gegenüber Erkrankten
Ausgehend von diesen Angaben, wurde Frau Kim schließlich Opfer von Online-Trollen, die sie beschuldigten, zu einem religiösen Kult zu gehören. Nachdem sie ihre Reiseroute mit der anderer Mitglieder mit Covid-19 ihrer Kirchengemeinde abgeglichen hatten, wurde Frau Kim zudem vorgeworfen, ihren Verlobten betrogen zu haben. Sie erstattete Anzeigen gegen Webportale, die diese Falschinfomationen verbreiteten, musste sich am Ende aber aufgrund der Masse geschlagen geben.
Wie die NYT weiter berichtet, hat dieser Kampf gegen falsche Informationen im Rahmen der Corona-Pandemie ein einzigartig persönliches Level erreicht in Südkorea. Dass dort so viele infizierte Personen aufgespürt werden konnten, verdankt das Land unter anderem seiner aggressiven Überwachungsstrategie durch Kamera, Handydaten und Kreditkartentransaktionen.
Nicht nur Menschen betroffen
Die Folgen der Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie machen aber auch vor ganzen Unternehmen nicht halt. So wurden Restaurants, in denen Covid-19-Patienten zu Gast gewesen waren, online behandelt als wären sie verflucht. Auch seien die Belästigungen von langer Dauer und zirkulieren zum Teil über Monate.
Nachdem sich Geschichten dieser Art gehäuft hatten, entschied sich die Regierung in Südkorea dazu, die ausgeführten Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie einzuschränken. So werden inzwischen Alter, Geschlecht, Nationalität und Arbeitsplatz nicht mehr öffentlich preisgegeben, wie die NYT weiter berichtet. Auch die letzten Orte des Aufenthaltes bleiben nun geheim, sollten alle eventuellen Kontaktpersonen bereits ausfindig gemacht worden sein. Nach einem Zeitraum von zwei Wochen werden zudem alle zugänglich gemachten Informationen wieder aus dem öffentlichen Blick entfernt.
Rund 202 Personen, die in Zusammenhang mit der Verbreitung falscher Informationen und dem Leaken persönlicher Daten in Verbindung stehen sollten, wurden bisher verhört. Dennoch fürchten viele Südkoreaner die öffentliche Schande mehr als das Virus, wie eine Studie der Graduate School of Public Health der Seoul National Universität zeigt. Demnach prüfen sechs von zehn Personen die persönlichen Informationen anderer auf Regierungswebseiten, weil sie es als hilfreich erachten. „Das Gefühl von Schuld war schwerer zu ertragen als der körperliche Schmerz, den Covid-19 hervorgerufen hatte“, sagte dagegen ein Betroffener.
Geht es nach dem Chef der WHO, hat die Corona-Pandemie immerhin bald ein Ende. Andere Forscher prognostizieren dagegen schlimmere Corona-Folgen als eine zweite Welle.