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Russischer Geheimdienst: Lieferdienst enttarnt „Spione und Soldaten“

Mit den russischen Geheimdiensten ist nicht zu spaßen. Ein Datenleck macht dem FSB und anderen aber aktuell ordentlich zu schaffen.

Wladimir Putin neben einem Burger
Ein Yandex-Leak sorgt derzeit für Aufmerksamkeit. © Getty Images/eriyalim/Kremlin Press Service/Anadolu Agency [M]

Der russische Geheimdienst FSB umfasst beinahe die gesamte Infrastruktur des früheren KGB und ist entsprechend effektiv. Dennoch scheint bereits eine einfache Datenpanne bei einem Lieferdienst weite Teile der Organisation ins Wanken zu bringen. Unter den Betroffenen des Datenlecks befinden sich mitunter Agenten, die teils ihre offiziellen E-Mail-Adressen nutzten, um Essen an ihre Arbeitsorte liefern zu lassen.

Was verrät das Yandex-Leak?

Yandex ist eines der Vorzeigeunternehmen der Russischen Föderation. Der Internetdienstleister bedient eine Vielzahl von Segmenten, darunter die hauseigene Suchmaschine, die in Russland selbst einen Marktanteil von rund 64 Prozent innehat. Neben Clouddiensten, einem App-Store, E-Mail-Postfächern, einem Kartendienst und vielen weiteren Services betreibt der Tech-Konzern auch den Lieferdienst Yandex Food.

Vor allem angesichts der diversen Internetdienstleistungen, die das Unternehmen anbietet, scheint ein Datenleak umso überraschender. Es umfasst dem Bellingcat-Kollektiv zufolge Besteller-E-Mails, Telefonnummern, Adressen und Bestellungen, die über den Lieferdienst getätigt wurden. Aus ihnen lassen sich einige interessante Informationen ableiten. Sie betreffen den FSB sowie andere russische Geheimdienste, geben aber auch Einblicke in das Privatleben des russischen Präsidenten Wladimir Putin.

„Dank der durchgesickerten Yandex-Datenbank konnte eine weitere Wohnung von Putins Ex-Geliebter Svetlana Krivonogikh gefunden werden“, schreibt etwa die russische Juristin und Politikerin Ljubow Eduardowna Sobol auf Twitter. „Dort bestellte ihre Tochter Luiza Rozova ihre Mahlzeiten. Die Wohnung ist 400 m² groß und etwa 170 Millionen Rubel wert!“

FSB, GRU und MFA: Leak enttarnt Personal

Betroffen von dem Datenleak bei Yandex Food sind insbesondere drei grundlegende Organe des russischen Sicherheitsapparats:

  • FSB: Inlandsgeheimdienst der Russischen Föderation
  • GRU: Leitendes Zentralorgan des Militärnachrichtendienstes des russischen Militärs
  • MFA: Russisches Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten

Für das Team von Bellingcat sei es naheliegend gewesen, die geleakten persönlichen Daten mit den Funktionen der Einrichtungen abzugleichen, an die die Lieferungen gingen, „um Spione und Soldaten zu finden“. Im Fall des GRU-Hauptquartiers in Moskau stieß das Kollektiv auf vier Einträge, je zwei für zwei Nutzer namens Danila. Die Suche nach dem Sondereinsatzzentrum des FSB im Moskauer Vorort Balaschicha habe rund 20 Ergebnisse zutage gefördert.

Eine Telefonnummer habe sich darüber hinaus einem Mann namens Yevgeny zuordnen lassen. Er soll mit der GRU-Akademie in verbindung stehen und ein „Kontakt des hochrangigen GRU-Offiziers Andrei Ilchenko“ gewesen sein. Unklar sei aber, ob Yevgeny noch immer für den GRU oder mittlerweile für das MFA arbeite.

Hinweise im Fall Navalny

Fast zwei Jahre ist es nun her, dass der Giftanschlag auf den russischen Oppositionellen Alexei Anatoljewitsch Nawalny, Schlagzeilen machte. Neben Sicherheitsbehörden und internationalen Ausschüssen untersuchte damals auch Bellingcat den Fall. Damals analysierte das Kollektiv mitunter zahlreiche Anrufe von Telefonnummern, die mit den planenden und ausführenden Personen in Verbindung stehen sollen. Eine dieser Nummern tauchte besonders häufig zu. Sie konnte man zwar einem Forschungsinstitut in Dubna zuordnen, aber keiner konkreten Person – bis jetzt.

„Es ist unklar, welche Rolle diese Person bei der Organisation und Durchführung des Giftanschlags auf Nawalny gespielt hat, aber er hat in der Nacht des Giftanschlags und am nächsten Morgen, als Nawalny nach Omsk umgeleitet wurde, mit einem der FSB-Mitarbeiter telefoniert.“

Bellingcat

Bei seiner Yandex Food-Registrierung habe der Mann seine berufliche E-Mail-Adresse verwendet. Das mache deutlich, „dass es sich um dieselbe Person handelt und nicht nur um eine recycelte Telefonnummer mit einem neuen Inhaber“.

Quelle: Bellingcat; Twitter/Соболь Любовь

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