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kununu-Chef: „Früher haben Firmen über Arbeitgeberbewertungen gelacht“

Steffen Zoller ist Geschäftsführer von kununu. Im futurezone-Interview spricht er über die Zukunft der Xing-Tochter und die Entwicklung am Arbeitsmarkt.

kununu-Office
Als Nächstes steht für kununu die US-Expansion auf dem Plan. Foto:

2007 als Start-up in Wien gegründet, ist kununu heute die größte Arbeitgeberbewertungs-Plattform Europas. 1,5 Millionen Bewertungen zu mehr als 300.000 Unternehmen finden sich auf dem 2013 vom deutschen Karrierenetzwerk Xing übernommenen Online-Dienst. Vor Kurzem hat kununu die Expansion in die USA gestartet.

futurezone hat mit dem kununu-Geschäftsführer Steffen Zoller über Fachkräftemangel, Veränderungen am Arbeitsmarkt und darüber, was gute Arbeitgeber auszeichnet, gesprochen.

futurezone: Kununu ist in den vergangenen zehn Jahren stark gewachsen. Was hat sich verändert?
Steffen Zoller:
Früher haben viele Unternehmen über Arbeitgeberbewertungen gelacht. Dann wurden wir kritisch beäugt und auch bekämpft. Viele Firmen sind inzwischen aber Fans und wissen, dass Transparenz eine gute Sache ist. Auch über kununu kann jeder nachlesen, wie die Stimmung im Unternehmen ist.

Wie ist die Stimmung?
Wir werden mit 4,1 von fünf Punkten bewertet. Die Stimmung war aber zwischenzeitlich auch nicht so rosig. Am Anfang bestand kununu aus den Gründern und ihren Freunden. Dann kam mit Xing der große Konzern. Nicht jeder Mitarbeiter passt in jede Phase eines Start-ups hinein. Nach der Übernahme sind 90 Prozent der Mitarbeiter gegangen.

Gibt es noch so etwas wie eine Start-up-Mentalität?
Wir sind kein Start-up mehr. Diese Atmosphäre zu bewahren, ist für uns aber extrem wichtig. Jeder kann jederzeit in jedes Büro gehen. Wir wissen auch nicht immer, was wir in sechs Monaten machen werden. Unser Slogan ist „Fail fast“ („Scheitere schnell“). Wenn wir merken, dass etwas nicht funktioniert, dann akzeptieren wir die Niederlage und verstecken sie nicht.

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Die Entwicklung und der Unternehmenssitz von kununu sind auch nach der Übernahme durch Xing in Wien geblieben. Hat es Überlegungen gegeben, kununu nach Deutschland zu verlegen?
Im Gegenteil. Wien ist der zweitgrößte Standort von Xing geworden. Als kununu 2013 übernommen wurde, haben hier 20 Mitarbeiter gearbeitet, heute sind wir 120 und wir wachsen weiter.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit Xing?
Wir sind Teil von Xing und müssen uns natürlich abstimmen. Wir haben ganz viel Erfahrungsaustausch. Auf der anderen Seite haben wir durch Xing viele Chancen und Möglichkeiten. Wir können viele Nutzer ansprechen und können uns an Produkte wagen, die wir nur gemeinsam kreieren können. Wir haben mit Xing die Chance noch einmal eine richtig große Raketenstufe zu starten.

Sie haben mit kununu auch die US-Expansion in Angriff genommen. Wie läuft es?
Für uns ist die US-Expansion ein Experiment. Wir wollen sehen, ob wir auch in einem nicht-deutschsprachigen Land wachsen können und ob wir uns als europäisches Unternehmen am US-Markt durchsetzen können. Es gibt wahrscheinlich nicht mehr als fünf europäische Start-ups, die sich am US-Markt durchsetzen konnten. Umgekehrt ist es viel einfacher. Die Internationalisierung ist in der Genetik eines US-Unternehmens eingeschrieben.

Sie arbeiten in den USA mit der Job-Plattform Monster zusammen. Das ist ein ziemlicher Start-Vorteil?
Monster ist eine der größten Job-Plattformen in den USA. Dadurch bekommen wir nicht wie ein klassisches Start-up erst langsam Flughöhe. Sie haben spezielles Marktwissen und auch einen starken Vertrieb. Das hilft uns schnell viele Bewertungen zu bekommen und so schneller relevant zu werden.

Welche kulturellen Unterschiede bemerken Sie?
Der Wunsch nach Transparenz ist in den USA viel älter. Es ist für die Unternehmenskultur typisch, nach Feedback zu fragen. Selbst auf den Kassenzetteln im Supermarkt wird man nach seiner Meinung gefragt. Nicht umsonst kommen viele große Bewertungsportale, wie etwa Trip Advisor oder Yelp, aus den USA.

Haben Sie eigentlich Probleme mit Hasspostings?
Hassreden sind die Ausnahme. Natürlich versuchen frustrierte Mitarbeiter auf unserer Plattform Dampf abzulassen. Unsere Richtlinien sind aber ganz klar und auch schärfer als bei Facebook und anderen Netzwerken. Für uns sind Hasspostings eigentlich kein Thema.

Welche Trends sehen sie am Arbeitsmarkt?
Es gibt einen Fachkräftemangel, den spüren auch wir. Das kann nur durch zwei Maßnahmen behoben werden. Ein kontinuierlicher Fokus auf Fachkräftegewinnung und die Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen. Unternehmen müssen Mitarbeitern auch Augenhöhe begegnen. Der patriarchalische Stil der 90er Jahre funktioniert heute nicht mehr.

Was zeichnet einen guten Arbeitgeber aus?
Man muss gegenüber den Mitarbeitern offen sein. Sie müssen nachvollziehen können, warum etwas gemacht wird. Unternehmen müssen auch unschönen Meinungen gegenüber offen sein. Denn daraus kann man lernen.

Wie haben Bewertungsplattformen wie kununu den Arbeitsmarkt verändert?
Arbeitnehmer haben heute einen Durchblick, den es vorher nicht gab. Früher gab es die Stellenanzeige und was da geschrieben wurde, galt als wahr. Das hat sich geändert. Ich habe das auch selbst als Unternehmer bemerkt. Arbeitergeberbewertungen haben mich gezwungen besser zu werden. Bewertungsplattformen hatten also in beide Richtungen positive Effekte. Es bringt die Unternehmen aus der Komfortzone heraus und auf Augenhöhe mit Bewerbern.

Dieser Artikel erschien zuerst auf futurezone.at.

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