Wie würdest du die Frage danach beantworten, ob du zur Mittelschicht gehörst? Oft sagen Befragte „ja“, allerdings trifft das nicht immer auch zu. Das liegt dem Politologen Marius Busemeyer zufolge an einer Fehleinschätzung des eigenen Gehalts und Einkommens.
Mittelschicht: Subjektive Meinung zu Gehalt und Einkommen
Eine Studie über Ungleichheit und soziale Mobilität der Universität Konstanz zeigt, dass sich überraschend viele Menschen als Teil der Mittelschicht betrachten, obwohl sie eigentlich nicht dazugehören, wie das ZDF berichtet. Gefragt wurden die Teilnehmenden dabei zunächst wie sie ihre wirtschaftliche Situation einschätzen.
Ziel war es, nicht die objektive Bewertung von Ungleichheit durch Ökonomen vornehmen zu lassen, sondern die subjektive Meinung der Betroffenen in Erfahrung zu bringen. Diese sei wichtig, weil sie wiederum die Politik beeinflusst und bestimmte Wahlergebnisse zur Folge habe, erklärte Busemeyer.
Das Ergebnis der Befragung hatte der Politologe dagegen nicht erwartet, da Gut- und Geringverdiener eine falsche Einschätzung der Situation vornehmen: „Es ist tatsächlich überraschend, dass sowohl Reiche als auch Menschen mit wenig Einkommen diese verzerrte Wahrnehmung haben.“
Das hänge oft damit zusammen, dass sich Menschen nur in ihrer eigenen sozialen Gruppe betrachten.
„Eines meiner liebsten Beispiele ist Friedrich Merz, der sich, obwohl er ein Privatflugzeug hat, zur oberen Mittelschicht zählt.“
Marius Busemeyer, Professor für Politikwissenschaft
Das ist die Konsequenz aus der Gehaltsverzerrung
Laut Busemeyer handelt es sich dabei um eine klare Fehleinschätzung der eigenen Position, des eigenen Gehalts und der Verteilung von Einkommen. Ein großes Problem kann daraus entstehen, wenn sich diese Wahrnehmung in politischen Entscheidungen niederschlägt und man gegen das eigene Interesse wählt.
Gleichzeitig, so Busemeyer, würden die Befragten überschätzen, wie sehr sich die gesamtdeutsche Lage verschlechtert. Diese habe sich beim Einkommen nicht stark ins Negative verändert. Eine pessimistische Einstellung gäbe es dennoch.
„Auf der anderen Seite schätzen die Befragten die Ungleichheit bei Einkommen und Vermögen sehr ähnlich ein, obwohl die Schere bei Vermögensungleichheit sehr viel weiter auseinandergeht“, erklärt er weiter. Man müsse deshalb Aufklärungsarbeit in Schulen und der Politik leisten und mehr über die reale Ungleichheit sprechen.
Quellen: ZDF
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