Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) wurde 2023 durch die Ampel-Regierung novelliert, um den Anteil erneuerbarer Energien im Heizungssektor zu erhöhen. CDU-Chef Friedrich Merz hat bereits im Rahmen seines Wahlkampfs angekündigt, das Heizungsgesetz rückabzuwickeln und den damit einhergehenden Subventionen ein Ende zu bereiten. Diese Pläne stoßen auf Kritik von Industrievertretern und Kommunen, die vor den Folgen einer solchen Umkehr warnen.
Heizungsgesetz: Debatte ist „nahezu religiös“
„Parteien spitzen im Wahlkampf häufig zu, nach der Wahl müssen sie sich jedoch an den politischen Realitäten messen lassen“, erklärt Norbert Schiedeck, Geschäftsführer der Vaillant Group, einem der führenden Heiztechnikunternehmen Europas, im Interview mit der WirtschaftsWoche (WiWo). „Beim Umgang mit der Schuldenbremse sieht man das in atemberaubender Geschwindigkeit.“
Auch im Kontext des Heizungsgesetzes dürfe man diese Gegebenheit aber nicht aus dem Blick verlieren. Denn auch hier gelten klare Zielvereinbarungen – sowohl auf bundespolitischer als auch auf Ebene der Europäischen Union. Für die Industrie sei vor allem Kontinuität wichtig. Gegenüber dem Pragmatismus, mit dem derzeit Englands Regierung glänzt, werde die Heizungsdebatte hierzulande jedoch „nahezu religiös geführt“.
Der promovierte Maschinenbauer betont: „Heizungen sind aber kein Glaubensbekenntnis, sondern eine Sachfrage der Technologie, der Wirtschaftlichkeit und natürlich auch der CO2-Reduzierung.“
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Globaler Konkurrenzkampf
In den letzten Jahren war der Heizungsmarkt äußerst unruhig. Nach einem starken Wachstum bei Wärmepumpen bis 2023 brach die Nachfrage 2024 stark ein, was auch Vaillant mit einem Umsatzrückgang von etwa 15 Prozent zu spüren bekam. Schiedeck rechnet für 2025 mit einer vorsichtigen Markterholung, weist aber auf die weiterhin unsicheren Rahmenbedingungen und die schwierige Lage im weltweiten Baugeschäft hin.
Europäische Hersteller wie Vaillant haben nach Schiedecks Einschätzung einen Vorteil gegenüber asiatischen Konkurrenten, weil sie auf wassergeführte Heizsysteme spezialisiert sind. Ein weiterer Wettbewerbsvorteil entstehe durch den engen Kontakt zu Handwerkerinnen und Handwerkern, die Installation und Service vor Ort übernehmen. Vaillant setzt auf loyale Installateur*innen, die die Kundschaft langfristig begleiten und so auch die Konkurrenz aus Asien in Schach halten.
„Wir schulen Handwerker an unseren Geräten, unterstützen bei der Planung und Auslegung der Heizungen, liefern mindestens 15 Jahre Ersatzteile und gehen auf individuelle Fragestellungen ein“, so der Vaillant-CEO. „Diese Beziehungen sind über viele Jahrzehnte gewachsen und werden intensiv gepflegt. Diesen hohen Aufwand für ein vergleichsweise kleinteiliges Geschäft muss ein Neueinsteiger bereit sein zu investieren.“
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Folgen einer Rückabwicklung
Gasheizungen dominieren derzeit noch klar den deutschen Heizungsmarkt mit rund zwei Dritteln Marktanteil, während Wärmepumpen etwa ein Drittel ausmachen. Spätestens mit der Einführung des europäischen Emissionshandels (ETS II) im Jahr 2027 wird das Heizen mit Gas jedoch deutlich teurer, was Nutzerinnen und Nutzer zunehmend in Richtung Wärmepumpen lenken könnte. Wichtig sei, dass Verbraucherinnen und Verbraucher die Wirtschaftlichkeit von Wärmepumpen klar erkennen könnten. In der hitzigen Debatte rund um das Heizungsgesetz ging dieser Punkt stark unter.
Die aktuell hohen Kosten für Wärmepumpen entstehen laut Schiedeck vor allem durch komplizierte Vorschriften, technisch anspruchsvolle Anlagen und die hohen Lohnkosten bei der Installation. Um einkommensschwächere Nutzerinnen und Nutzer nicht auszuschließen, schlägt er eine zielgerichtete Förderung durch den Staat vor. Diese könnte auf feste statt prozentuale Beträge umgestellt und stärker an die individuelle finanzielle Lage angepasst werden.
Ebendiese Förderung sieht Friedrich Merz‘ Rückabwicklung des Heizungsgesetzes nicht vor, glaubt man seinem Wahlkampf. Gleichzeitig schürt das Pochen auf vermeintliche Technologieoffenheit die Unsicherheit der Verbraucherinnen und Verbraucher im Kontext der Wärmepumpe – eine Kombination, die langfristig mehr schaden als helfen könnte.
Quelle: WirtschaftsWoche
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