Als nihilistischer, selbst beim Sterben gelangweilt dreinblickender Möchtegern-Bogart Michel wurde Jean-Paul Belmondo (1933-2021) in „Außer Atem“ 1960 zur Symbolfigur der Nouvelle Vague – der Erneuerungswelle des französischen Kinos. Mit dem Regisseur von „Außer Atem“, Jean-Luc Godard (90), drehte der Franzose aus Neuilly-sur-Seine mit „Elf Uhr nachts“ 1965 einen weiteren Kultfilm der Bewegung.
In den 70er- und 80er-Jahren war Belmondo dann hauptsächlich in routinierten Actionkomödien zu sehen, die in Deutschland Titel wie „Ein irrer Typ“ (1977), „Der Profi“ (1981) oder „Der Boss“ (1985) trugen und in der deutschen Synchronisation noch stärker auf Klamauk gebürstet wurden. In derart unterschiedlichen Genres zur Ikone zu reifen, gelingt nur ganz wenigen Schauspielern. Jean-Paul Belmondo hat es geschafft – ein Nachruf.
Keiner traute Jean-Paul Belmondo Karriere zu
Als Sohn des berühmten Bildhauers Paul Belmondo und der Tänzerin Madeleine Belmondo zog es Jean-Paul Belmondo schon früh in die Schauspielerei. Ein Darsteller des altehrwürdigen Comédie-Française, eines der sechs französischen Nationaltheater, attestierte ihm nach einem Vorsprechen jedoch Talentlosigkeit. Der junge Künstler gab allerdings nicht auf und bewarb sich erfolgreich am Pariser Konservatorium.
Eine Filmkarriere wurde Belmondo zunächst ebenfalls nicht zugetraut. Zu wenig entsprach er dem gängigen Schönheitsideal, das Ende der 50er-Jahre dominierte. Doch als Antiheld in „Außer Atem“ erlangte er das, was man heute Kultstatus nennt – und ebnete mit seiner Leistung den Weg für Schauspieler, deren Gesichter mehr Charakter als Ebenmäßigkeit aufweisen.
Actionstar und Stuntman
Nur wenige Jahre nach dem Erfolg von „Außer Atem“ wurde Belmondo dann tatsächlich zum globalen Filmstar. 1962 verkörperte er in „Cartouche, der Bandit“ den charmanten Abenteurer, ebenso wie 1964 in „Abenteuer in Rio“. Es ist ein Rollenprofil, in das Belmondo auch in den folgenden Jahren erfolgreich hineinpasste, auch wenn er parallel weiter „Kunstfilme“ drehte. Dazu gehören „Der Affe im Winter“ (1962) und drei Werke mit Jean-Pierre Melville (1917-1973) – dem Regisseur, der zwischen Nouvelle Vague und Genrefilm vermittelte wie kein anderer.
Ende der 70er schlug das Pendel für Belmondo, der neben Alain Delon (85, „Der eiskalte Engel“) als größter französischer Filmstar gilt, dann allerdings endgültig Richtung Genre aus. In Krimis, Gangsterfilmen und Actionkomödien spielte er den lässigen Helden oder Schurken, die Stunts machte der Hobbyboxer selbst. Infolge einer Kopfverletzung, die er sich beim Dreh zu „Der Boss“ zugezogen hatte, beendete Belmondo seine Actionkarriere jedoch. Seinen letzten Film mit dem Titel „Ein Mann und sein Hund“, passenderweise ein Remake des Kunstfilmklassikers „Umberto D“ von 1952, drehte er 2008.
Am Montag (6. September) verstarb Jean-Paul Belmondo im Alter von 88 Jahren in Paris.