„Shoppen“ (2006), „Friedliche Zeiten“ (2008), „Ein Geschenk der Götter“ (2014), „Wellness für Paare“ (2016), „Zuckersand“ (2017) oder „Tatort: Anne und der Tod“ (2019) – bislang kannte man Katharina Marie Schubert (45) als vielfach ausgezeichnete Schauspielerin. Mit „Das Mädchen mit den goldenen Händen“ (Kinostart: 17. Februar) feiert sie nun ihr Regiedebüt.
Der Film spielt in einem kleinen ostdeutschen Provinzstädtchen im Jahr 1999 kurz vor dem Millennium-Wechsel. Gudrun (Corinna Harfouch, 67, bald Berlin-„Tatort“-Ermittlerin) feiert ihren 60. Geburtstag in dem Kinderheim, in dem auch sie zu DDR-Zeiten aufgewachsen ist. Zur Feier reist ihre Tochter Lara (Birte Schnöink, geb. 1984) aus Berlin an. Lara ist mit dem Stiefvater aufgewachsen, über ihren leiblichen Vater wollte Gudrun nie sprechen. Während der Feier erfährt Gudrun, dass das ehemalige Kinderheim verkauft und zum Hotel ausgebaut werden soll: eine wirtschaftliche Perspektive für die strukturarme Region oder Ausverkauf der eigenen Geschichte? Über diese Frage scheiden sich die Geister im Ort. Während Gudrun in den nächsten Tagen alles daran setzt, das Kinderheim als Gemeinde- und Begegnungszentrum zu erhalten, macht sich ihre Tochter Lara auf die Suche nach ihrem Vater und einer Erklärung für die unnachgiebige Härte ihrer Mutter.
Warum Katharina Marie Schubert diesen Film als Regiedebüt machen wollte, ob sie eine kleine Rolle darin hat und welcher Profi-Rat ihr bei den Dreharbeiten geholfen hat, erzählt die Künstlerin im Interview mit spot on news.
„Das Mädchen mit den goldenen Händen“ ist Ihr Regiedebüt. Sie haben auch das Drehbuch geschrieben. Wie kamen Sie auf die Idee? Und warum wollten Sie genau diesen Film machen?
Katharina Marie Schubert: Die erste Idee zu diesem Film hatte ich vor ungefähr acht Jahren. Und ich weiß tatsächlich nicht mehr genau, wie ich darauf kam. Auf jeden Fall wollte ich aber einen Film machen, der sich mit der jüngeren deutschen Geschichte auseinandersetzt. Ich finde das wichtig, weil es unser Denken, Fühlen und Handeln bestimmt. Und auch politisch ist mit dem Fall der Mauer und des Eisernen Vorhangs die ganze Welt von den Füßen auf den Kopf gestellt worden.
Wie gefällt Ihnen das Ergebnis, sind Sie damit zufrieden?
Schubert: Der Film wurde vor etwas mehr als zwei Jahren abgedreht. Bevor die Corona-Pandemie ausbrach. Es fühlt sich für mich an, als wäre das fast ein anderes Leben gewesen und natürlich würde ich jetzt vieles anders machen, würde über andere Sachen nachdenken und so weiter. Das ist, glaube ich, ganz normal. Beim Schauen des Films lerne ich ständig auch etwas über mich selber. Ich habe ja zuvor noch nichts gesehen, was so stark von mir gestaltet wurde. Das ist schon auch sehr überraschend.
Was hat Sie bei der Arbeit als Regisseurin für einen Langfilm überrascht?
Schubert: Die Schauspielerinnen und Schauspieler. Ich bin ja selber Schauspielerin und als solche relativ unaufgeregt. Ich komme zum Set, versuche meine Sache möglichst gut zu machen und dann gehe ich wieder. Als Regisseurin habe ich zum ersten Mal verstanden, was Schauspielerinnen und Schauspieler für ein Geschenk sind, wie wichtig sie sind und wie sie sich zur Verfügung stellen mit all ihrem Sein. Das hat mich komplett umgehauen.
Ihr Kollege Moritz Bleibtreu hat über sein Regiedebüt „Cortex“ gesagt, dass er manchmal so tun musste, als ob er wüsste, was zu tun sei. Gab es bei Ihnen auch solche Momente? Wenn ja, wer hat Ihnen dann geholfen?
Schubert: Kurz vor Drehbeginn sagte mein Kameramann zu mir: „Katharina, Regie führen bedeutet Entscheidungen zu treffen. Das wirst du die ganze Zeit tun müssen.“ Das war die beste Vorbereitung, denn so war es. So wie Moritz Bleibtreu ging es mir nicht, ich wusste eigentlich ziemlich genau, was ich wollte. Aber es hat eine große Stärkung bedeutet, dass ich innerhalb eines großartigen Teams gut aufgehoben war und vom Kameramann, der Ausstatterin, dem Oberbeleuchter und anderen immer mal wieder auch auf Dinge hingewiesen wurde, die ich sonst vergessen hätte.
Gibt es ein Regie-Vorbild, das Sie inspiriert hat?
Schubert: Es gibt so viele Regisseure und Regisseurinnen, die ich sehr bewundere. Sie alle aufzuzählen, würde wirklich den Rahmen sprengen. Deshalb nenne ich jetzt hier nur einige, die für „Das Mädchen mit den goldenen Händen“ wichtig waren.
Das sind Krzysztof Kieślowski [polnischer Regisseur, „Drei Farben“-Trilogie, 1941-1996, Red.], weil er auch ein absolutes Vorbild ist, was das Drehbuch-Schreiben angeht, dann Andrej Swjaginzew [russischer Regisseur, geb. 1964], der mit „Loveless“ [2017] und „Leviathan“ [2014] zwei wirklich großartige Filme gedreht hat, die im post-sowjetischen Russland spielen. Und dann diese ganzen tollen Regisseure aus Rumänien: Christi Puiu [geb. 1967, „Der Tod des Herrn Lazarescu“], Christian Mungiu [geb. 1968, „4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage“] und Rado Jude [geb. 1977, „Bad Luck Banging or Loony Porn“].
Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Corinna Harfouch? Kannten Sie sich vorher und hatten Sie sie beim Schreiben des Drehbuches schon im Kopf?
Schubert: Als ich das Buch zu schreiben begann, hatte ich Corinna noch nicht im Kopf. Aber dann haben wir zusammen Theater gespielt und uns kennen gelernt. Da wurde mir das immer klarer, dass sie eigentlich wundervoll und ideal wäre für diese Rolle. Ich habe ihr dann eine frühe Version des Buches zu lesen gegeben und es hat ihr gefallen. Sie hat mich auch sehr unterstützt in der Zeit, in der wir auf der Suche nach Förderung waren.
Und wie war es am Set mit ihr?
Schubert: Am Set war es großartig mit ihr. Sie ist klug und gut vorbereitet und sehr intuitiv. Sie hat mich immer wieder überrascht. Ich finde sie eine erstaunliche, tolle Frau. Und es hat großen Spaß gemacht, mit ihr zu arbeiten – das ist ja auch nicht unwichtig.
Was hat Sie nach langen Drehtagen zur Ruhe kommen lassen?
Schubert: Ich hatte irgendwann einen extrem verspannten Rücken, da half dann nur noch heiß duschen. Auch habe ich jeden Tag in der Mittagspause 20 Minuten geschlafen. Das war etwas, das, wie ich in einem Podcast gehört hatte, Christian Schwochow [deutscher Regisseur, geb. 1978] macht. Das habe ich mir abgeguckt und fand es extrem hilfreich.
Warum wollten Sie nicht selbst auch mitspielen oder haben Sie doch einen versteckten Auftritt?
Schubert: Ich fand, dass es als Aufgabe durchaus reicht, bei so einem Film Regie zu führen. Damit war ich schon gut beschäftigt. Außerdem gab es für mich gar keine Rolle. Ich habe aber an einer Stelle ein wenig synchronisiert…
Welche Auswirkungen hatte die Pandemie auf Ihren Film?
Schubert: Wir hatten das Glück, eine Woche vor dem Lockdown mit den Dreharbeiten fertig zu werden. Aber die ganze Postproduktion war dann doch schon stark erschwert, um es milde auszudrücken. Ohne Kita keine Zeit, ohne Zeit kein Schnitt und so weiter. Das war alles unwirklich und irgendwie natürlich auch traurig. Wenn ich den Film jetzt sehe, scheint er mir schon sehr lange her zu sein, länger als nur zwei Jahre, aber das ist wahrscheinlich normal und wurde durch Corona nur noch verstärkt.
Sind Sie auf den Geschmack gekommen und arbeiten vielleicht schon am nächsten Drehbuch oder steht jetzt erstmal wieder die Schauspielerei im Vordergrund?
Schubert: Ich möchte natürlich weiterhin sehr gerne als Schauspielerin arbeiten und tue das auch. Aber ich arbeite tatsächlich auch schon am nächsten Drehbuch…