Nutzt du Netflix, musst du nicht viel tun. Du nimmst einfach dein Gerät in die Hand, öffnest die App, suchst dir einen Film oder eine Serie aus und drückst auf Play. Aus dem Blickwinkel von Netflix ist dein Binge-Watching-Marathon dagegen eine große Sache, die sehr komplexe Abläufe erfordert.
Netflix: Das setzt du beim Streaming in Gang
Netflix ist riesig. Über den Service werden täglich von 98 Millionen Abonnenten aus 190 Ländern rund 250 Millionen Stunden an Video pro Tag konsumiert. Du kannst dir also ungefähr vorstellen, wie aufwändig es ist, innerhalb weniger Sekunden für jeden dieser Nutzer zu jeder Zeit qualitativ hochwertige Inhalte bereitszustellen.
Auf der technologischen Ebene ist dabei ein ganzes Ökosystem an Mikroservices, kleinen Netflix-internen Anwendungen, in Bewegung, die den großen Streaming-Dienst im Ganzen ausmachen.
Hunderte selbständige Mikroservices ergeben das ganze Netflix
Das Besondere an diesen Mikroservices: Jede solche Anwendung innerhalb von Netflix, also jeder Code und jede Quelle eines solchen Mikroservices, ist eigenständig und teilt nichts von allein mit anderen Anwendungen. Müssen zwei dieser Apps miteinander reden, nutzen sie eine API (Programmierschnittstelle), die streng durch spezielle Regeln kontrolliert wird, mit denen beide Apps umzugehen wissen.
Der Vorteil: Nehmen Entwickler Änderungen an einer dieser Netflix-internen Apps vor, müssen sie nur darauf achten, dass die Anwendung später noch mit der API kompatibel ist und nicht auf deren Kompatibilität mit allen anderen Anwendungen.
Das ist absolut wichtig, denn Schätzungen zufolge sind rund 700 Mikroservices an deinem Netflix-Gesamterlebnis beteiligt:
- einer speichert, was du schaust;
- einer zieht die monatliche Gebühr von deinem Konto ab;
- einer versorgt dein Gerät mit der richtigen Video-Datei;
- einer entscheidet mithilfe von Algorithmen und deiner Historie, welche Inhalte dir vorgeschlagen werden;
- einer zeigt dir die Namen und Bilder dieser Filme und Serien im Hauptmenü an
Netflix speichert alles in der Cloud…
Um eine Infrastruktur diesen Ausmaßes aufrecht zu erhalten, ist natürlich auch ein entsprechend massives Netzwerk an Computerserver nötig. Zu Beginn griff Netflix dafür noch auch eigene Rechner zurück, im Angesicht seines rapiden Wachstums hat sich der Streaming-Dienst aber später dazu entschlossen, alles in „die Cloud“ zu verlagern.
Auf diese Weise musste sich Netflix nicht mehr mit Systemaufbau- und Wartungsarbeiten beschäftigen, sondern konnte alle seine Ingenieure auf das schnelle Schreiben und Ausrollen Hunderter Programme auf den Servern ansetzen.
…und zwar bei Konkurrent Amazon
Interessanterweise nutzt Netflix jetzt die Server von Amazon Web Services (AWS), also im Prinzip der direkten Streaming-Konkurrenz. Beide Parteien profitieren allerdings massiv davon.
Auf ebendiesen Servern hinterlegt Netflix dann beispielsweise die digitale Kopie einer Serie oder eines Films, gewöhnlich in hochqualitativem Kinostandard. Bevor diese von Nutzern gesehen werden kann, muss sie allerdings verarbeitet werden. Dazu zählt unter anderem:
- Anpassung der Formate von Video- und Sound-Dateien für unterschiedliche Abspielgeräte und deren verschiedene Bildschirmgrößen
- Erstellung von Dateien in unterschiedlichen Videoqualitäten
- Versehen der Dateien mit eine speziellen Code-Schnipsel, um sie unter dem digitalen Urheberrecht zu versiegeln
Eine solche verarbeitete Datei lässt sich dann am Ende ausschließlich auf dem iPad, eine andere nur auf einem Full HD-Android-Handy, eine weitere auf einem Sony Fernseher mit 4K-Auflösung abspielen und so weiter.
Deine Internetverbindung gibt den Ausschlag
Die Netflix-App oder -Webseite sorgt schließlich dafür, dass nicht nur deinem Gerät die passende Datei zugeordnet wird, sondern dies auch zugeschnitten auf deine momentane Internetgeschwindigkeit und die damit verbundene Videoqualität geschieht. Letzteres ist besonders wichtig, damit du überhaupt Spaß an deinen Netflix-Marathon haben kannst.
Um dies zu gewährleisten, bedient sich Netflix eines sogenannten Content Delivery Network (CDN). Dieses Netzwerk macht einen Kopie der originalen Webseite und ihrer Medieninhalten und überschreibt diese auf Hunderte andere Server rund um die Welt. Loggst du dich also von Berlin aus ein, bekommst du den Inhalt von dem CDN-Server geladen, der dir räumlich am nächsten ist. Auf diese Weise werden Verzögerungen beim Laden reduziert.
Je näher der Server, desto schnell kannst du auf Netflix streamen
Im Fall von Netflix werden die auf CDN-Servern gespeicherten Kopien übrigens je nach Region und Beliebtheit vor Ort ausgewählt. Das heißt, ein Film, der in Berlin weniger häufig angefragt wird, lädt womöglich länger als eine gerade populäre Serie. Der Film muss dann nämlich von einem räumlich weiter entfernten CDN-Server angefragt werden.
Dazu kommt: Immer wenn du den Play-Button klickst, sucht Netflix im HIntergrund zunächst die zehn CDN-Server, auf denen der angefragte Inhalt verfügbar ist und die dir am nächsten sind. Aus diesen sucht die Netflix-App dann denjenigen, der tatsächlich am dichtesten an deinem Standort liegt oder deiner Internetverbindung entsprechend am schnellsten arbeitet.
Ist auch dieser Schritt vollzogen – alles innerhalb weniger Sekunden – kannst du mit deinem Binge-Watching-Marathon beginnen.
Fazit: Ein kleiner Klick mit großer Wirkung
Hättest du vermutet, dass Netflix im Hintergrund allein rund 700 einzelne Apps anwerfen muss, damit du auf Play drücken und deinen ausgewählten Film sehen kannst? Tatsächlich passiert einiges hinter den Kulissen – und zwar in Sekundenschnelle.
Welche Nachteile du daraus hast, erlebst du allerdings, wenn du dir den interaktiven Netflix-Film „Bandersnatch“ anschaust. Hier kannst du die Handlung zwar direkt mitbestimmen, deine Daten sollen dabei allerdings auch aufgezeichnet werden..
Wusstest du übrigens, dass dich dein Netflix-Abo 2019 mehr Geld kosten könnte? Ob sich das für dich lohnt, kannst du ja anhand der Netflix-Filme und Serien im Februar herausfinden. Denk aber daran, deinen Netflix-Account solltest du keinesfalls teilen.