Der Superheldenfilm ist das derzeit erfolgreichste Genre des Mainstream-Kinos. Der monumentale Kassenerfolg des Marvel-Films „Avengers 4: Endgame“ (2019) hat es mit Nachdruck untermauert. Vorstöße in computergenerierten visuellen Effekten und die Klärung diffiziler Rechtefragen haben es seit 2000 ermöglicht, die spektakulären Abenteuer übernatürlich starker Comic-Helden auf die Leinwand zu bannen. Vor allem die bekannteren Superhelden aus den großen Comic-Verlagshäusern Marvel (z.B. Spider-Man) und DC Comics (z.B. Batman) haben das Superhelden-Genre zum Publikumsmagneten gemacht. Diese Superheldenfilme auf Netflix beweisen aber, dass die besten Superheldenfilme nicht nur von Marvel oder DC stammen.
Superheldenfilme auf Netflix: Marvel und DC, aber wenige Klassiker
Die von Netflix aktuell angebotenen „Superhelden-Filme und Comic-Verfilmungen“ (so die Genre-Kategorie, unter denen die Filme vom Anbieter zusammengefasst werden) sind nicht sehr vielseitig. Abgesehen von ein paar Anime-Querschlägern im Genre-Programm („Dragonball Z“-Filme, „Batman Ninja“) gibt es vor allem Marvel- und DC-Filme zu sehen unter den Superheldenfilmen auf Netflix.
Der älteste moderne Superheldenfilm im Angebot ist Bryan Singers „X-Men“ von 2000. Das Superhelden-Drama war eine Art Initialzündung in seinem Erscheinungsjahr für die aktuelle Renaissance des Genres. Allerdings ist es ernüchternd, dass ältere Genre-Highlights wie Tim Burtons „Batman“-Filme oder Richard Donners „Superman“-Filme hier komplett fehlen.
Hier in alphabetischer Reihenfolge die besten Superheldenfilme bei Netflix (Stand Juli 2020):
„The Dark Knight Rises“ (2012, Christopher Nolan)
Christopher Nolans dritter Batman-Film gilt gemeinhin als schwächster Teil der Trilogie. Nach dem ekstatisch gefeierten „The Dark Knight“ (2008) wurde der Abschluss der Saga um Christian Bales Batman als zu melodramatisch, zu konfus und zu zerfahren kritisiert. Doch das hochklassig inszenierte, meisterlich choreographierte Finale punktet mit einem kraftvollen Figurenensemble, allen voran Catwoman (brilliant gespielt von Anne Hathaway), und einem bewegenden Fokus auf Batmans Beziehung zu seinem Butler Alfred (Michael Caine).
„Deadpool“ (2016, Tim Miller)
Als der schmerzhaft selbstironische Superheld Deadpool 2016 die Kinoleinwände eroberte, waren die Studios geschockt. Eigentlich hatte sich 20th Century lange gegen die Pläne von Star Ryan Reynolds gesträubt, dem etwas anderen Marvel-Helden einen eigenen Film zu geben. Aber Reynolds und Regisseur Tim Miller blieben am Ball und das Publikum war in dem Moment reif für einen brutalen, sarkastische Superhelden, der die erzählerischen und gestalterischen Konventionen des Superhelden-Films mit großem Spaß aufs Korn nahm. Der Film war ein kolossaler Hit an der Kinokasse und machte eine Fortsetzung unabdingbar.
„Iron Man“ 1-3 (2008-2013, Jon Favreau / Shane Black)
Vor mehr als 20 Jahren war Schauspieler Robert Downey Jr. nach langjährigen Problemen mit seiner Drogensucht auf dem langsamen Weg der Besserung. Als Regisseur Jon Favreau ihm die Rolle des Industrialisten und Erfinder-Genies Tony Stark alias Iron Man anbot, war das die Wiedergeburt des charismatischen Schauspielers als eine Schlüsselfigur des Marvel Cinematic Universe.
An den federleichten Charme des Originals von 2008 konnten die zwei Fortsetzungen zwar nicht anschließen (vor allem Teil 2 wusste gar nichts mit seinem Helden anzufangen). Downey Jr. war aber immer sehenswert in seiner großen Paraderolle.
„Spider-Man“ 1 und 3 (2002, 2007, Sam Raimi)
Der Konsens zu Sam Raimis Spider-Man-Trilogie muss in Frage gestellt werden. Kritiker und Fans sind sich einig, dass der erste „Spider-Man“ von 2002 instrumental war für den Beweis, dass man einen gleichermaßen witzigen und dramatischen Superhelden-Film machen kann. Und dass „Spider-Man 2“ (2004) die Figuren und Motive des Originals noch vertieft zu dem vielleicht dramaturgisch und schauspielerisch besten Superhelden-Film, der jemals gedreht wurde – mit einigen der aufregendsten Actionsequenzen des Genres.
Für „Spider-Man 3“ gibt es aufgrund zu vieler Figuren, zu vieler Handlungsstränge und zu vielen Bösewichtern aber nicht so viel Liebe. Dabei ist das Ende der Trilogie der mutigste, unkonventionellste FIlm der Reihe, der sich traut die Melodramatik des Materials auf eine absurde Spitze zu treiben.
Diese sehenswerten Superhelden-Filme sind auch noch verfügbar auf Netflix:
- „Dredd“ (2012, Pete Travis)
- „Hancock“ (2008, Peter Berg)
- „Hellboy II: The Golden Army“ (2008, Guillermo Del Toro)
- „Green Lantern“ (2011, Martin Campbell)
- „The Incredible Hulk“ (2008, Louis Leterrier)
- „Superman Returns“ (2006, Bryan Singer)
- „Wolverine: Weg des Kriegers“ (2013, James Mangold)
- „Logan“ (2017, James Mangold)
Superheldenfilme, die leider nicht mehr auf Netflix verfügbar sind
„Chronicle“ (2012, Josh Trank)
Bevor Regisseur Josh Trank 2015 den jüngsten “Fantastic Four”-Reboot für 20th Century Fox spektakulär in den Sand setzte, gab er sein Kinodebüt mit dem Found-Footage-Drama “Chronicle”. Alex Russell, der spätere Eric Killmonger-Darsteller Michael B. Jordan (“Black Panther”) und Dane De Haan (später als Green Goblin in den “Amazing Spider-Man”-Filmen zu sehen) spielen drei Teenager, die nach dem Kontakt mit einer außerirdischen Substanz ungeahnte Kräfte entwickeln. Der Teen-Film greift das Szenario vieler Superhelden-Mythen auf und erdet es mit den Mitteln des Found-Footage-Films und sehr guter Jungdarsteller.
„Hulk“ (2003, Ang Lee)
Der Regisseur von Jane-Austen-Adaptionen wie „Sinn & Sinnlichkeit“ versucht sich an einer Adaption der modernen Dr. Jekyll und Mr. Hyde-Version Hulk. Das konnte nicht gut gehen. Und tatsächlich ist „Hulk“ kein konventionell befriedigender Superhelden-Film. Stattdessen haben wir es hier mit einem sperrigen Psychodrama mit langen, melancholischen Szenen der Introspektion zu tun.
Mit einem Generationendrama über die Sünden egoistischer Väter (Nick Nolte, Sam Elliott), die ihre traumatisierten Kinder (Eric Bana, Jennifer Connelly) austragen müssen. Für den Mainstream war das zu viel Anspruch, der Film bleibt aber ein faszinierender Unfall zwischen dem abstrakten Kunstfilm und dem klassischen Erzählfilm.
„Spider-Man: Homecoming“ (2017, Jon Watts)
Im Vergleich zu Sam Raimis “Spider-Man”-Filmen wirkt Jon Watts erstes Solo-Abenteuer für Tom Holland als Peter Parker eher wie die Pilotfolge zu einer Fernsehserie. Der Film vermag es nicht wirklich, der Figur etwas Neues abzugewinnen und versucht stattdessen Spider-Man im Schatten des Übervaters Iron Man alias Tony Stark zu dessen Ebenbild zu meißeln. Sogar das Kostüm von Spider-Man hier ist technologisch ähnlich ausgestattet wie das von Iron Man.
Während die anderen Spider-Men der Filmgeschichte, Tobey Maguire und Andrew Garfield, entscheidende Entwicklungen in ihrem Leben durchmachen, ist Tom Hollands Figur hier einfach nur der Prügelknabe. Das macht durchaus Spaß dank eines soliden Tempos und Michael Keaton als charismatischer Bösewicht. Aber in Erinnerung bleibt hier wenig.
„X-Men“ 1-6 (2000-2016, Bryan Singer / Brett Ratner / Matthew Vaughn)
Vor einigen Wochen brachte “X-Men: Dark Phoenix” die von Bryan Singer 2000 gestartete Filmreihe zu einem kommerziell und kreativ enttäuschenden Ende. Die „X-Men“-Filme sind aber dafür bekannt, dass sie immer schon eher durchwachsene Ergebnisse geliefert haben. War der erste “X-Men” eine solide Überraschung und bereitete dem damaligen Musical-Star Hugh Jackman zum Durchbruch als Hollywood-Star, wurde “X2” im Jahre 2003 als eine noch gelungere Fortsetzung gefeiert. Keine Liebe gab es dann aber für Brett Ratners Gastpiel mit dem mechanischen “The Last Stand” 2006.
Ein softer Reboot der Kinoreihe mit jüngeren Darstellern durch Matthew Vaughns “X-Men: First Class” (2011) führte später zu Highlights wie “Days of Future Past” (2014) und Rohrkrepierern wie “Apocalypse” (2016, aktuell noch auf Netflix). Dabei war das kreative Team hinter den Filmen immer dasselbe.
Das soll nach „Avengers 4: Endgame“ und „Spider-Man: Far From Home“ an neuen Superhelden-Filmen von Marvel kommen. Nicht nur auf Netflix kannst Du diese Marvel-Filme streamen.