Die als Verbraucherprodukt gescheiterte Datenbrille Google Glass soll doch noch Geschäft bringen. Sie wird für den Einsatz in Unternehmen fitgemacht. Die „Enterprise Edition“ ist bereits seit rund zwei Jahren in mehreren Dutzend Firmen im Einsatz, wie der Internet-Konzern über einen Artikel im US-Magazin Wired am Dienstag enthüllte.
Darunter seien auch Schwergewichte wie Volkswagen, DHL, Boeing oder General Electric. Was als Pilotprojekte begonnen habe, entwickle sich jetzt zu Plänen für einen breiten Einsatz.
So habe der US-amerikanische Agrarmaschinenbauer AGCO derzeit über 100 Glass-Brillen im Betrieb und wolle in den kommenden 18 Monaten 500 bis 1.000 weitere bestellen. Der Preis liege bei 1.300 bis 1.500 Dollar pro Gerät. Der Paketdienst DHL plane, die Brillen an 2.000 Logistik-Standorten in verschiedenen Ländern einzuführen.
Öffentliche Ablehnung und Spott
Google hatte Glass – die Computerbrille mit Kamera, Internet-Anschluss und einem kleinen Bildschirm über dem rechten Auge – im Frühjahr 2012 medienwirksam vorgestellt. In der Öffentlichkeit stieß Google Glass vor allem aus Sorge um die Privatsphäre auf viel Ablehnung. Besonders viel Kritik kam aus Europa, vor allem weil man mit der eingebauten Kamera sein Gegenüber aufnehmen konnte. Träger einer Google Glass bezogen aber auch in San Francisco Prügel und wurden als „Glassholes“ beschimpft. Zudem kämpfte die erste Version sogar nach einer Modifizierung mit kurzen Batterielaufzeiten und wurde im Betrieb zu warm.
Nachdem Pläne für einen breiten Marktstart des Geräts verworfen wurden, stellte Google eine Testphase in den USA mit 1.500 Dollar teuren Brillen der „Explorer Edition“ im Jänner 2015 ein. Schon damals vermarktete Google die Glass stärker als Werkzeug für spezialisierte Aufgaben am Arbeitsplatz – in den vergangenen zweieinhalb Jahren war es aber seht still um das Gerät geworden.
Unterdessen preschten diverse Anbieter mit Spezialbrillen in den Markt vor, die sogenannte „erweiterte Realität“ (AR, Augmented Reality) bieten. Dabei werden digitale Informationen für den Betrachter in die reale Umgebung eingeblendet. Das kann zum Beispiel bei Montagearbeiten oder Reparaturen von Nutzen sein – während die Hände frei bleiben.
Verbraucher-Anwendungen waren der falsche Weg
„Als wir Glass ursprünglich entwickelt hatten, war die Arbeit an der technologischen Front sehr solide und das Explorer-Programm war der richtige Weg, um zu erfahren, wie Menschen das Produkt nutzen“, zitiert „Wired“ den Chef des Innovationslabors X unter dem Dach der Google-Mutter Alphabet, Astro Teller. „Wir sind aber vom Weg abgekommen beim Versuch, zu Verbraucher-Anwendungen zu springen.“
Die Unternehmens-Version kann nun unter anderem mit Sicherheitsbrillen kombiniert werden und habe einen schnelleren Prozessor, eine bessere Internet-Anbindung sowie eine längere Batterielaufzeit. Die Kamera sei von fünf auf acht Megapixel hochgestuft worden.