Kommerzielle Drohnen navigieren mithilfe von GPS, was in großer Höhe gut funktioniert. Zwischen Gebäuden und im Stadtverkehr, wo Fußgänger oder Radfahrer plötzlich den Weg kreuzen, müssen Drohnen hingegen schnell auf unvorhergesehene Ereignisse reagieren können. Dazu waren sie bisher nicht in der Lage. Ein in der Schweiz entwickelter Algorithmus soll die Flugobjekte nun diesem Ziel näher bringen.
Wissenschaftler der Universität Zürich und des nationalen Forschungskompetenzzentrums NCCR Robotics haben nun den Algorithmus DroNet entwickelt, der Drohnen sicher durch die Straßen einer Stadt lenkt. Aufgebaut ist DroNet als schnelles Residualnetzwerk mit acht Ebenen, wie die Universität Zürich am Dienstag mitteilte.
Kamera und Algorithmus statt Sensoren
Das Netzwerk erzeugt für jedes Eingangsbild zwei Outputs: einen für die Navigation, um Hindernisse zu umfliegen, und einen für die Kollisionswahrscheinlichkeit, um gefährliche Situationen zu erkennen und darauf reagieren zu können. So unterscheidet DroNet statische und dynamische Hindernisse und verlangsamt das Tempo, um Zusammenstöße zu vermeiden.
Statt komplizierter Sensoren nutzt die Drohne der Schweizer Forscher eine normale Kamera und einen sehr leistungsstarken Algorithmus für künstliche Intelligenz, der die beobachteten Situationen auswertet. Der Algorithmus besteht aus einem sogenannten „Deep Neural Network“. Er lernt komplexe Aufgaben anhand von zahlreichen Trainingsbeispielen zu lösen. „Das ist ähnlich wie bei Kindern, die von ihren Eltern oder Lehrern lernen“, erklärte Davide Scaramuzza, Professor für Robotik und Wahrnehmung der Universität Zürich.
Mehr als Straßen
Eine der größten Herausforderungen des „Deep Learning“ ist es, mehrere tausend solcher Trainingsbeispiele zu sammeln. Das Forschungsteam trug Fahrten von Autos und Velos zusammen, die in städtischen Umgebungen navigierten und die Verkehrsregeln beachteten.
Durch Imitation lernte die Drohne, automatisch diese Regeln einzuhalten, wie zum Beispiel „Wie folge ich der Straße, ohne in den Gegenverkehr zu geraten?“. Die Drohne navigierte aber nicht nur sicher durch die Straßen. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass ihre Drohne sich auch in komplett anderen Umgebungen zurechtfand, für die sie nie trainiert wurde, etwa in Parkhäusern oder Bürofluren.
Autonom navigierende Drohnen im Alltag
„Mit diesem Algorithmus sind wir dem Ziel einen Schritt nähergekommen, selbstständig navigierende Drohnen in unseren Alltag zu integrieren“, so Scaramuzza. Künftig könnten solche Drohnen für Paketlieferungen, Überwachungsaufgaben oder Rettungseinsätze bei städtischen Katastrophen Verwendung finden.
Allerdings warnte das Forschungsteam, das seine Ergebnisse in der Fachzeitschrift „IEEE Robotics and Automation Letters“ publizierte, vor übertriebenen Erwartungen an leichte und günstige Drohnen: „Es müssen noch viele technologische Probleme gelöst werden, bevor die ehrgeizigsten Anwendungen Realität werden können“, wird Doktorand Antonio Loquercio in der Mitteilung zitiert.