Wir stecken mittendrin im Klimawandel. Die Auswirkungen werden besonders nach den vergangenen drei Hitzesommern besonders deutlich und besonders heftig diskutiert. Und immer wieder taucht in der Debatte auch das Wort El Niño auf. Das Wetterphänomen soll unser Klima nicht nur 2019 wieder stark beeinflussen, sondern noch verheerendere Folgen für unsere Zukunft haben. Wir erklären dir, was es damit auf sich hat.
El Niño: Was ist das eigentlich?
Es ist schon ein paar Jahre her, dass das Klimaphänomen namens El Niño große Schlagzeilen machte. 2015 und 2016 hatte das, was dahintersteckt weltweite Folgen, obwohl sich es sich nur auf dem Pazifik abspielte. In jenen Jahren stiegen dort die Wassertemperaturen vor der südamerikanischen Westküste an.
Das ist normal und passiert eigentlich jedes Jahr. Das Wasser wird nährstoffärmer und die Fischsaison endet. Wenn sich in drei aufeinanderfolgenden Monaten das Oberflächenwasser des Pazifik im Durchschnitt auf 0,5 Grad Celsius über dem langjährigen Mittel erwärmt, ist das El Niños Schuld.
Doch in jenen Jahren lagen die Spitzenwerte bei bis zu drei Grad Celsius über dem Normalwert von plus 1,5 Grad. Das wirkte sich auf den gesamten Globus aus. Dürren in Zentralamerika, Teilen Afrikas, Südostasiens und auf den südwestpazifischen Inseln waren die Folge, aber auch Waldbrände in Indonesien und heftige Überflutungen in den USA und dem südlichen Südamerika.
El Niño steht im Spanischen für das Kind und in Südamerika für das Christkind. Der Unterschied ist nur, dass dieses Geschenke bringt, auf die wir Menschen gern verzichten würden. Die kalte „kleine Schwester“ von El Niño wird häufig als La Niña bezeichnet (weiter unten im Artikel mehr dazu).
Heute versteht man unter El Niño meist die warme Phase eines zwei- bis siebenjährigen Zyklus im östlichen und zentralen tropischen Pazifik.
Was sind die Ursachen von El Niño?
Forscher sind bisher noch zu keinem eindeutigen Ergebnis gekommen. Denn sowohl der Ozean als auch die Atmosphäre unterliegen Schwankungen, die wir immer noch nicht ganz verstehen. Ein Grund sind auch die recht kurzen Messzeiträume. Erst in den 1970er Jahren begann man mit Aufzeichnungen. Zu wenige El Niños konnten bisher gemessen werden, daher sind Aussagen über die Ursachen schwierig.
Was hat El Niño für Auswirkungen?
Der Ozean und unsere Erdatmosphäre hängen eng zusammen. Während El Niño eher für die ozeanischen Zusammenhänge steht, spricht man im atmosphärischen Zusammenhang von der sogeannten Südlichen Oszillation oder Südlichen Schwankung beziehungsweise der El Niño-Southern Oscillation (ENSO).
Um zu verstehen, was einen besonders starken El Niño ausmacht, muss man auf den Normalfall schauen.
Das passiert bei einem normalen El Niño
- Die Passatwinde schieben das erwärmte Wasser nach Westen.
- Am Westrand des Pazifiks (bei Indonesien und Australien) steigen die Luftmassen über dem warmen Wasser auf.
- Es bildet sich ein Bodentief.
- In der Höhe strömt die Luft zurück nach Südamerika und Australien, das heißt Walker-Zirkulation.
- Das bedeutet: Über Australien und Ozeanien ist es feucht-warm, über Peru dagegen kühl und trocken.
- Dadurch, dass das warme Wasser nach Westen geschoben wird, strömt kaltes, nährstoffreiches Tiefenwasser zur Wasseroberfläche.
- Die peruanischen Fischer freuen sich.
Was passiert bei einem starken El Niño?
- Die Passatwinde wehen weniger stark.
- Die Walker-Zirkulation schwächt sich ab.
- Das Tief über dem Westpazifik wird schwächer, ebenso das Hoch vor Südamerika.
- Die Luftdruckunterschiede sind demnach geringer.
Das hat Folgen:
- Es kann dazu führen, dass sich die Zirkulation umkehrt und nun Luft bodennah von Australien Richtung Südamerika strömt.
- Das warme Wasser bleibt im östlichen und zentralen tropischen Pazifik und das kalte Tiefenwasser schafft es nicht bis zur Oberfläche.
- Den peruanischen Fischern gefällt das gar nicht.
- Die aufsteigenden Luftmassen hängen nun eher im zentralen Pazifik über dem warmen Wasser, deshalb wird es in Australien, Ozeanien und im tropischen Südostasien heißer und trockener.
- Feuchter ist da dagegen in Peru, wo es heftige Niederschläge geben kann.
So wirkt sich El Niño auf die Welt aus
Wenn du jetzt denkst, El Niño äußere sich nur in den genannten Regionen auf der südlichen Halbkugel, liegst du falsch. Er kann das Wetter weltweit beeinflussen. Das hängt mit den sogenannten Telekonnektionen, quasi Fernverbindungen zwischen regionalen Wettersystemen zusammen.
Diese werden durch Prozesse in höheren Atmosphärenschichten gesteuert. Und da Energie in Form von Wärme in diesen höheren Schichten über lange Strecken um den Globus transportiert werden kann, ist es logisch, dass sich das Wetter in anderen Teilen der Erde dadurch verändern kann.
Herrscht ein überdurchschnittlich starker El Niño vor, kann Folgendes passieren:
- Winter im Süden der USA sind feuchter.
- Selbst Kalifornien könnte dann mehr Niederschläge abbekommen.
- Im Amazonas-Regenwald, im Südoastasien und im Süden von Afrika ist es dann trockener als sonst.
- Über Indien ist es heißer und der Monsun würde weniger Regen bringen als üblich.
- Westkanada und sogar Alaska erleben einen milden Winter.
- Hurrikans treten seltener und weniger intensiv auf.
Die Auswirkungen in Europa sind bisher noch nicht so gut bekannt. Vieles hängt dort von lokalen Einflussfaktoren ab, zum Beispiel auch Hitzewellen von 40 Grad und mehr, wie wir sie derzeit erleben.
Was ist La Niña?
La Niña wird häufig als „kleine Schwester“ von El Niño bezeichnet, dabei ist es da genau gegenteilige Phänomen. Dabei verstärken sich die Passatwinde deutlich und die Wassertemperaturen im zentralen und östlichen tropischen Pazifik sinken drastisch unter den Mittelwert. Das hat verheerende Folgen, unter anderem werden Unwetter und Taifune begünstigt. Im sowieso schon trockenen Südamerika ist es dann noch trockener.
Auch hierzu fehlen aber noch ausreichende Messdaten, um qualifizierte Aussagen treffen zu können. Jedenfalls fehlten sie bis jetzt.
2019: El Niño verändert sich – was heißt das?
Wie sich der Klimwandel auf El Niño und La Niña auswirkt, ist bislang noch unklar. Wir wissen jedoch, dass bisherige starke El Niños Tausende Menschenleben gekostet haben, weil die Folgen durch Wetterextreme und Naturkatastrophen zu verheerend waren.
Und es könnte künftig sogar mehr solcher „Monster-El Niños“ geben, wie nun Klimaforscher von der Universität Melbourne im Fachjournal Nature Geoscience berichteten. Das Analyseverfahren war innovativ: Sie gewannen Bohrkerne aus Korallenriffen, die über den Pazifik verteilt sind. Das schien bisher unmöglich.
Das ist praktisch, weil Korallenstöcke über Jahrhunderte wachsen. Ihr Muster gleicht Baumrinden und sie enthalten Isotope, die etwas über das Klima aussagen. Daraus konnten die Forscher Daten ablesen, die die El Niños der vergangenen 400 Jahre hinterlassen haben.
„El Niño Modoki“
Das Ergebnis: Das Muster der El Niños hat sich in den vergangenen Jahrzehnten verändert. „Wir sehen in jüngerer Zeit mehr El Niños im Zentralpazifik entstehen, was über die vergangenen 400 Jahre betrachtet sehr ungewöhnlich ist“, meint Studienerstautorin Mandy Freund. Deshalb sprechen die Forscher von „Zentralpazifischen El Niños“ oder „El Niño Modoki“ (Japanisch für „fast, aber nicht ganz“).
Die Folgen sah man im Herbst 2015:
- eine 16 Millionen Quadratkilometer große Warmwasserfläche, die sich im Zentralpazifik bildete
- sowie andere Meersgebiete, die sich merkwürdig stark erwämten und ausdehnten, an der gesamten Westküste der USA entlang.
- Das steigerte auch die Temperaturen an der Erdoberfläche. 2016 war das heißeste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, gefolgt von 2017. 2017 wiederum war das wärmste Jahr seit Beginn der Industrialisierung ohne einen El Niño. Das drittwärmste Jahr war 2015.
- Starkregen versus Dürre erzeugten Ernteausfälle und forderten Menschenleben.
Prognosen für die Zukunft
Vermutlich können die Prognosen für künftige El Niños durch die neue Studie verbessert werden: „Wir können nun genauer bestimmen, wie die globale Erwärmung auf die El Ninos einwirkt. Daraus lässt sich ableiten, was dies für künftige Wetterextreme und das Klima bedeutet“, sagt Studienmitautor Ben Henley.
Ob das nötig wäre, wenn wir den Klimawandel in den 80ern aufgehalten hätten? Nun stehen wir vor der möglichen Zukunft, dass wir in 140 Jahren alle ausgelöscht werden könnten. Letztlich könnten uns noch Wälder gegen den Klimawandel helfen.