Ewiges Leben gibt es nicht. Was in der Alltagswelt undenkbar erscheint, ist in der Quantenphysik möglich. Physiker der Technischen Universität München (TUM) und des Max-Planck Instituts für die Physik komplexer Systeme fanden heraus, dass spezielle Quantenpartikel gewissermaßen unsterblich sind. Das könnte zukünftigen Quantencomputer uneingeschränkten Datenspeicher bescheren.
Ewiges Leben: Bei Quantencomputern gewissermaßen möglich
Während sich bei einem zerbrochenen Glas die einzelnen Scherben nie von selbst wieder zusammenfügen würden, gelten in der Quantenphysik andere Gesetze, laut denen sogar ewiges Leben für Quasiteilchen möglich ist.
„Bisher ist man davon ausgegangen, dass Quasiteilchen in wechselwirkenden Quantensystemen nach einer gewissen Zeit zerfallen. Jetzt wissen wir, dass das Gegenteil der Fall ist: Starke Wechselwirkungen können den Zerfall sogar komplett stoppen“, erklärt Frank Pollmann, Professor an der TUM, in einer Pressemitteilung.
Ein Beispiel für solche Quasiteilchen sind kollektive Gitterschwingungen in Kristallen, sogenannte Phononen. Quasiteilchen sind kollektive Zustände von vielen Teilchen, beziehungsweise deren Wechselwirkungen durch elektrische oder magnetische Kräfte. Durch diese Interaktion verhalten sich mehrere Teilchen wie ein einzelnes.
Unendlicher Prozess
Bisher war unbekannt, wie die komplexen Wechselwirkungen ablaufen. Wie einer der Autoren erklärt, konnten die Physiker in einer Simulation nun folgenden Prozess feststellen:
- Quasiteilchen zerfallen
- Aus ihren Bruchstücken entstehen daraufhin neue, identische Teilchengebilde
- Passiert dieser Zerfall schnell, kommt es nach einer gewissen Zeit zu einer Umkehrung der Reaktion
- Somit finden sich die Trümmer wieder zusammen
- Dadurch entsteht ein sich unendlich wiederholender Prozess von Zerfall und Wiedergeburt
Auch wenn die Arbeit, wie die Autoren betonen, bisher reine Grundlagenforschung ist, könnte sie bedeutsame Erkenntnisse für die Praxis liefern. Zum Beispiel könnten sie dabei helfen, künftig Quantencomputer mit ewig währendem Datenspeicher zu bauen. Ewiges Leben für Computer klingt gut.
Doch was ist eigentlich ein Quantencomputer?
Zahlreiche Wissenschaftler arbeiten an Quantencomputern. Sie sind schneller, effizienter und leistungsstärker als normale Geräte. IBM stellte bereits einen ersten Quantencomputer vor.
Normale Computer speichern Informationen in Form von Bits. Bits können zwei mögliche Zustände annehmen: Eins oder Null. Je mehr Prozessoren ein Computer hat, desto schneller kann er rechnen und Bitfolgen auswerten.
Im Gegensatz dazu speichert ein Quantencomputer Daten in Quantenbits ab, sogenannte Qubits. Diese befinden sich nicht nur in einem Zustand, also Null oder Eins, sondern in beiden gleichzeitig. Diesen Zwischenzustand nennt man Superposition. Erst wenn man sie misst, entscheiden sie sich für einen Zustand. Hat ein Computer also 300 Qubits hat er 2 hoch 300 Kombinationsmöglichkeiten.
Quantencomputer haben viel mehr Kombinationsmöglichkeiten
Das ist zwar schwer vorstellbar, heißt aber, dass Quantencomputer dank der Überlagerungszustände viele Zahlen gleichzeitig verarbeiten können, während ein klassischer Rechner alle Rechenschritte nacheinander ausführt.
Mit den Erkenntnissen des Münchner Forscherteams zu quasi untersterblichen Quasiteilchen können Entwickler künftige Quantencomputer womöglich mit langlebigen Datenspeichern ausstatten.
Vom Ewigen Leben zum Tod. Erwin Schrödinger gilt als Begründer der Quantenphysik. Fast wäre die berühmte Katze Schrödinger, die die Komplexität von Quantensystemen illustriert, gestorben. Eine Quantenverschränkung zeigt dieses spektakuläre Foto.