Auf der sonnenbeschienenen Oberfläche unserer Ozeane fand man eine völlig neue Art von Viren. Die Exemplare sind sowohl mit Riesenviren, als auch mit Herpesviren verwandt und könnten dazu beitragen, die Evolutionsgeschichte von Herpes näher zu beleuchten.
Ozean: Das steckt hinter dem „Mirusvirus“
Die Forschenden gaben dem Erreger den Namen Mirusvirus oder Mirusviricota. Diese Bezeichnung stammt vom Lateinischen „mirus“, was „wunderbar“ oder „seltsam“ bedeutet. Im Detail gehören diese zu einer Gruppe von Viren namens Duplodnaviria. Dies ist eine große Art von Doppelstrang-DNA-Viren, zu denen auch Herpesviren gehören.
Mirusviren befallen allerdings nicht den Menschen, sondern infizieren in der Regel nur einzelliges Plankton. Dies deutet allerdings darauf hin, so die dazu in Nature veröffentlichte Studie, dass die Vorfahren der Herpesviren einst marine Einzeller infiziert haben.
Obwohl ihr evolutionäres Erbe auf Herpesviren zurückgeht, ähneln die meisten Mirusvirus-Gene denen von Riesenviren, also wirklich große Viren. Dennoch sagen die Forscher, dass diese nie zuvor gesehene Gruppe von Viren ziemlich einzigartig ist.
Ungeahnte Komplexität der Ozean-Oberfläche
Die neuen Viren wurden bei der Durchsicht von Daten gefunden, die im Rahmen der Tara-Ocean-Expedition gesammelt wurden. Für das Projekt sammelte man mehr 35.000 Proben von Viren, Algen und Plankton an über 200 verschiedenen Orten weltweit.
Außerdem wurde ihr genetisches Material sequenziert, so dass den Wissenschaftler*innen eine Fülle von Daten zur Verfügung steht, die sie durchforsten können. Diese bieten ihnen viele Möglichkeiten, neue Arten zu entdecken. In einem Statement dazu heißt es:
„Die Entdeckung von Mirusviricota erinnert uns daran, dass wir die ökologische und evolutionäre Komplexität selbst der am häufigsten vorkommenden doppelsträngigen DNA-Viren in wichtigen Ökosystemen wie der Oberfläche unserer Ozeane und Meere noch nicht vollständig erfasst haben.“
Statement der beteiligten Forschenden (via CNRS)
Auch außerhalb von Ozeanen untersuchen
„Die Veröffentlichung dieser Entdeckung in Nature markiert den Beginn eines neuen Abenteuers und ein Tor für die wissenschaftliche Gemeinschaft, um Mirusviren in einer beliebigen Anzahl von Ökosystemen aufzuspüren und zu untersuchen“, erklärt Tom Delmont, Studienautor und Experte für mikrobielle Ökologie am französischen Nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung weiter.
Dazu gebe es noch viel zu entdecken und zu verstehen über Mirusviren, fügt Morgan Gaïa, Erstautorin der Studie, hinzu. Demnach müssen sie noch kultiviert werden, es gibt keine Bilder ihrer viralen Partikel, und man muss sie noch an anderen Orten als den Ozeanen untersuchen.
Quellen: „Mirusviruses link herpesviruses to giant viruses“ (Nature, 2023), CNRS
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