In der Archäologie versucht man frühere Gesellschaften zu entschlüsseln. Oft stellen wir spannende Unterschiede zur Moderne fest. Die Menschen von früher erscheinen uns so grundlegend verschieden zu uns. Doch dieser archäologische Fund aus Japan zeigt, dass das nicht unbedingt stimmt. So etwas verheerendes wie extreme Schönheitsideale gab es auch schon vor 2.000 Jahren. Damit das japanische Hirota-Volk dem seinen entsprach, nutzte man diese groteske Methode.
Archäologischer Fund: Das Hirota-Volk in Japan
Wenn wir heutzutage optisch etwas an uns ändern wollen, erfolgt der Gang zur plastischen Chirurgie. Im Volksmund nennt man die Praktizierenden auch gern Schönheitschirurgen, doch hier scheiden sich die Geister. Nicht jede Veränderung am Körper macht einen in den Augen anderer schöner und damit gar wertvoller oder liebenswürdiger.
Allerdings scheint der Wunsch nach gesellschaftlicher Anerkennung, Schönheit (je nach vorherrschendem Ideal) und Begehren derartig tief im Menschen verankert, dass es weit vor der Geburt der plastischen Chirurgie ähnliche Eingriffe gab. Der archäologische Fund aus Japan verweist etwa auf die Hirota. Hierbei handelt es sich um ein Volk, welches zwischen dem 5. und 7. Jahrhundert nach Christus die japanische Insel im Süden bewohnte.
Hunderte Skelette ausgegraben
Im bekannten und unter Archäolog*innen begehrten Ausgrabungsort der japanischen Insel Tanegashima in der Präfektur Kagoshima fanden Forschende gleich mehrere unnatürlich verformte Schädel. Den ersten archäologischen Fund dieser Art machte man bereits in einer frühen Ausgrabungsperiode zwischen 1957 bis 1959. Heute hat man über einhundert Skelette des Hirota-Volks geborgen. Viele von ihnen wiesen merkwürdige Kopfformen auf.
Etliche Schädel sind durch „einen kurzen Kopf und einen abgeflachten Rücken des Schädels gekennzeichnet“, sagt Noriko Seguchi, Professorin für biologische Anthropologie an der Kyushu-Universität zum archäologischen Fund. Aktuelle 3D-Scans verraten, wie es zu diesen Veränderungen gekommen ist und welche teils grotesken Methoden dahinterstecken.
So veränderte man die Kopfform nachhaltig
Man könnte annehmen, dass es sich bei dem archäologischen Fund auch um eine geografisch begrenzte Mutation handelte und die Köpfe auf natürliche Weise verändert wurden. Um das auszuschließen haben Seguchi und ihr Team die Schädel der Hirota mit anderen japanischen Populationen verglichen: „Das Vorhandensein einer abgeflachten Rückseite des Schädels, die durch Veränderungen im Hinterhauptknochen gekennzeichnet ist, […] deutet stark auf eine absichtliche Schädelmodifikation hin“, zitiert National Geografic die Ergebnisse.
Die sogenannte kranialen Modifikation, die das Hirota-Volk augenscheinlich durchführte, arbeitet mit Druck. Das bedeutet, dass die Köpfe für das Schönheitsideal mit Schienen oder anderen Instrumenten in Form gedrückt wurden. Damit die Veränderung besonders effektiv ist, sollen bereits Kinder entsprechende Apparaturen getragen haben. Neben Schienen soll man gewisse Kopfbereiche auch gezielt für das gewünschte Ergebnis abgebunden haben.
Womöglich Darstellung von Status
Zwar könnte durch den archäologischen Fund nachgewiesen werden, dass es sich um eine absichtliche Modifikation handelt, doch das „Warum“ bleibt vorerst ungeklärt. Fest steht, dass Männer und Frauen gleichermaßen über die veränderten Schädel verfügten. Wenn es sich also um ein Schönheitsideal handelte, war es nicht geschlechterspezifisch. Das lässt die Überlegung zu, inwiefern die Hirota überhaupt in ihrer gesellschaftlichen Hierarchie zwischen Geschlechtern unterschieden.
Forschende gehen davon aus, dass die Schädelveränderungen womöglich als eine Art Statussymbol dienten. Doch da es bisher keine anderen Überlieferung als den archäologischen Fund selbst gibt, bleibt dies vorerst ein offenes Rätsel.
Allerdings gibt es ähnliche archäologische Funde. So beschäftigten sich Forschende ebenfalls mit den Turmschädeln aus der Zeit der Völkerwanderung. Hier ging man davon aus, dass es sich bei diesen ebenfalls künstlich hergestellten Schädelveränderungen nicht um eine Demonstration von Status ging. Stattdessen sollen sie ein Zugehörigkeitssymbol zu einer Gruppe gewesen sein. Diese Theorie ist auch im Falle der Hirota theoretisch möglich.
Quelle: National Geographic
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