Neue archäologische Funde geben Auskunft über das Leben der Wikingerkönigin Thyra. Wie Untersuchungen nahelegen, war die Herrscherin bei der Gründung Dänemarks einflussreicher als bislang angenommen. Historische Aufzeichnungen sollen belegen, wie groß ihre Macht wirklich war.
Archäologischer Fund: Die „Geburtsurkunde“ Dänemarks
Die Jelling-Steine an der Ostküste Dänemarks zeugen in dramatischer Weise von der Gründung Dänemarks. Der König Gorm und sein ebenso mächtiger Sohn Harald „Blauzahn“ ließen sie im zehnten Jahrhundert n. Chr. errichten, um ihre Verdienste für das hier erstmals als eigener Staat erwähnte Dänemark für die Nachwelt festzuhalten. Doch welche Rolle spielte dabei ihre Frau beziehungsweise Mutter, Thyra? Neuen Untersuchungen zufolge eine mehr als prägende.
Auf den oft als „Geburtsurkunde“ des Landes bezeichneten Monumenten taucht der Name Thyras mehrmals auf. Derselbe Name erscheint auch auf anderen im Land verteilten Inschriften. Doch Forschenden ist es bisher nicht gelungen eindeutig zuzuordnen, ob es sich hierbei um ein und dieselbe Person handelt.
Eine neue Untersuchung, die im Fachjournal Antiquity behandelt wird, gibt nun Gewissheit. Bei aufwendigen Scans wurden die Gravuren mehrerer Runensteine miteinander verglichen. Eine Beobachtung erstaunte die Forschenden dabei besonders: Die Inschriften auf den Jelling-Steinen weisen die selbe Handschrift auf wie jene auf einem Monument aus dem rund 30 Kilometer entfernten Laeborg. Letzterer erwähnt Thyra nicht nur beim Namen, sondern bezeichnet sie auch als „dróttning“. Dieser Begriff aus der Wikingersprache lässt sich mit „Gebieterin“ oder „Königin“ übersetzen.
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Stellte Thyra sogar ihre berühmte Familie in den Schatten?
Zu einem ähnlichen Ergebnis kamen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei einem weiteren steinernen Monument namens Bække 1. Laut Inschrift folgten selbst mächtige Krieger der Herrscherin.
Schriftliche Aufzeichnungen aus der Wikingerzeit sind rar und zumeist eher wortkarg, erklärt Forschungsleiterin Lisbeth Imer. Dass eine Person gleich mehrmals erwähnt wird, deutet deshalb an, dass sie sehr mächtig gewesen sein muss. „Vielleicht stellte Thyra sogar ihren Ehemann Gorm und ihren Sohn ‚Blauzahn‘ an Einfluss in den Schatten“, mutmaßt Imer über die Macht der Matriarchin.
Die Forscherin vom Dänischen Nationalmuseum ist sich sicher, dass die Königin bei der Gründung des Landes weitaus prägender gewesen sein muss, als bisher vermutet. Der archäologische Fund untermauert die unter Historikerinnen und Historikern weit verbreitete These, dass Frauen in Wikingergesellschaften teils große politische Macht besessen haben.
Quelle: „A lady of leadership: 3D-scanning of runestones in search of Queen Thyra and the Jelling Dynasty“ (Antiquity, Oktober 2023)
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