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Atomkern dürfte es so nicht geben – Forscher staunen über dieses Phänomen

Die Forschung am Atomkern hat dazu geführt, dass Forschende ein augenscheinlich unmögliches Objekt erschaffen haben.

Atomkern Illustration
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Was sind Gravitationswellen?

Albert Einstein stellte mit seiner allgemeinen Relativitätstheorie unser Verständnis von Physik auf den Kopf. Demnach krümmen schwere Objekte im Universum die Raumzeit.

Jedes Atom besitzt in der Mitte einen Kern. Dieser wiederum enthält Protonen und Neutronen. Das sind positiv und neutral geladene Teilchen, die im Zentrum zusammenwirken. Dabei gibt es verschiedene Zusammensetzungen, also Anzahlen von Neutronen und Protonen, die einen Atomkern stärker oder schwächer machen können. Forschende haben nun ein Exemplar konstruiert, das diesen theoretischen Regeln widerspricht.

Atomphysik: Forscher erschaffen unmöglichen Atomkern

Bei der Konstruktion von Atomkernen kommt es maßgeblich auf das Zusammenspiel der Protonen und Neutronen an. Ihre Anzahl muss zu einem gewissen Kräfteausgleich führen, damit der Kern nicht instabil wird und in sich zusammenbricht. Eine besondere Rolle kommt dabei den Protonen zu. Durch ihre positive Ladung stoßen sie sich gegenseitig ab. Gibt es zu viele von ihnen innerhalb eines Kerns – beziehungsweise zu wenige Neutronen als eine Art „Puffer“ – zerbricht der Kern oder kann gar nicht entstehen.

Doch mit Stickstoff-9 ist Forschenden nun das scheinbar Unmögliche gelungen. Der Kern dieses künstlich hergestellten Atoms verfügt über sieben Protonen und bloß zwei Neutronen. Damit hat er fünf überschüssige Protonen, die gegenseitig aufeinander wechselwirken und das Innere eigentlich extrem instabil machen müssten.

Hinzu kommt, dass es sich bei dem Atomkern in Stickstoff-9 nicht um ein klassisches Zentrum handelt. Durch den Protonen-Überschuss sind die mehr als die Hälfte der Bestandteile nicht gebunden, sondern befinden sich in einem „gemeinsamen resonanten Zustand“, heißt es in der Studie der Forschenden. Vereinfacht gesagt bedeutet das, dass sie ohne Bindung an die Naturgesetze zusammen in dieser Kernhülle existieren. Das macht die reine Existenz des Atoms überaus faszinierend, wirft aber auch Fragen nach der Definition eines Atomkerns auf.

Stickstoff-9 muss weiter untersucht werden

Die Entstehung dieses exotischen Atomkerns ging obendrein mit einem weiteren Experiment einher. So stellen die Forschenden seine Entstehung nach, indem sie den Kern Sauerstoff-13 auf eine Berylliumfolie schossen, erklärt Spektrum. Dabei entstand Stickstoff-9 und kurz darauf Kohlenstoff-8. Bei Kohlenstoff-8 handelte es sich um ein bereits bekanntes Atom mit ebenfalls sehr spannendem Atomkern. Dieser besteht aus sechs Protonen und zwei Neutronen und ist damit ebenfalls an der Grenze der gewöhnlichen Existenz.

Die Forschenden ermittelten durch diesen Versuch, dass Kohlenstoff-8 direkt aus Stickstoff-9 entstehen kann, wenn Stickstoff-9 ein Proton verliert. Dieser Nachweis, bei dem man bereits bekannte Atomkerne durch die Konstruktion unbekannter Exemplare aufspürt, ist geläufig in der Physik und Chemie und stellt einen Nachweis der tatsächlichen Existenz beider Kerne dar.

Durch weitere Untersuchungen mit Stickstoff-9 erhoffen die Forschenden den resonanten Zustand im Atomkern besser zu verstehen. Dadurch lassen sich im Optimalfall auch weitere exotische Kerne aufspüren, von den Wissenschaftler*innen bisher lediglich träumen.

Quelle: Spektrum, „Strong Evidence for 9N and the Limits of Existence of Atomic Nuclei“ (Physical Review Letters, Oktober 2023)

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