Du kennst es sicher: Während du im Netz unterwegs bist, begegnen dir immer wieder Wortbeiträge von Unbekannten, die ungeachtet ihres Inhaltes vor allem mit einer Sache „glänzen“: Jede Menge grammatikalische oder Tippfehler. Mitunter führt das zu Stilblüten und Auswüchsen, dass man vor Fremdscham im Boden versinken möchte oder am liebsten ob der sprachlichen Unfähigkeit mancher wutentbrannt den Rotstift zücken und schlechte Noten verteilen möchte. Laut einer neuen Studie sind solche Reaktionen keineswegs übertrieben, sondern können körperlich sehr real werden.
Tippfehler und falsche Grammatik lösen Stress aus
Linguistik-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler der Universität Birmingham haben bei ihrer neuen Untersuchung einen direkten Zusammenhang zwischen schlechter Grammatik und der Variabilität der Herzfrequenz beobachten können, die vom autonomen Nervensystem (ANS) gesteuert wird. Dieses ist für den Puls, Blutdruck, die Verdauung und andere wichtige Funktionen zuständig.
Im Normalzustand tendieren die Intervalle zwischen einzelnen Herzschlägen zu einer größeren Variabilität. Doch bei Stress verstetigen sie sich und erfolgen demnach regelmäßiger. Für ihr Experiment wählten die Forscherinnen und Forscher allerlei sprachliche Fehler als Stressstimuli: Dazu zählten falsche Zeitformen, schlechte Satzstrukturen, Verwechslungen von Singular und Plural, doppelte Verneinungen und fehlgesetzte Kommas.
Insgesamt 41 Personen im Alter zwischen 18 und 44 Jahren und ohne Lernschwächen und Herzproblemen nahmen an der Studie teil. Sie sollten sich mit 40 niedergeschriebenen Beispielen voller Fehler auseinandersetzen, die man zusätzlich in 160 Sprachaufnahmen aufteilte und vorspielte. Dabei stellte man den Zusammenhang fest zwischen schlechter Sprache und einer kardiovaskulären Veränderungen.
Auch gut zu wissen: In die falschen Tasten zu hauen kann dich auch viel Geld kosten. Wir sagen dir, wann ein Tippfehler den Urlaub teurer machen kann.
Neuer Hinweis zum Zusammenhang von Kognition und Physiologie
Aber was spielt sich im Körper genau ab? Das ANS unterteilt sich ins sympathische und parasympathische Nervensystem. Während Letzteres für „friedlichere“ Funktionen zuständig ist, wie ruhen, verdauen, essen und fortpflanzen, aktiviert Ersteres unter anderem die Kampf-oder-Flucht-Reaktion bei Gefahren.
Die neuen Befunde würden nun aufzeigen, dass dieses System auch auf rein kognitive Anforderungen reagiert, wie die Forscherin Dagmar Divjak erklärt. „Das legt nahe, dass kognitive Anstrengungen im physiologischen System auf mehr Arten nachhallen, als man bislang dachte.“ Das bedeutet also, dass Tippfehler und schlechte Grammatik wohl auch als eine Form von Gefahr oder Bedrohung wahrgenommen werden können.
Zugleich sagt dies etwas über die Sprachkenntnisse der jeweiligen Person aus, ohne dass diese explizit artikuliert werden müssten. Leute mit niedrigerem Bildungsgrad würden also weniger Auffälligkeiten aufzeigen, da sie die Fehler als solche weniger häufig erkennen würden. Übrigens: Das ANS und darin vorkommende physiologische Reaktionen stehen auch im Zentrum bei Lügendetektortests.
Quelle: „Physiological responses and cognitive behaviours: Measures of heart rate variability index language knowledge“ (Journal of Neurolinguistics 2023)
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