Es ist eine Tätigkeit, die jeder Mensch womöglich mehr als nur einmal am Tag durchführt und für gewöhnlich ein Zeichen von Müdigkeit ist: Gähnen. Dabei ist allgemein bekannt, dass der kurze Vorgang durchaus ansteckend ist, wenn man ihn bei einer anderen Person beobachtet. Aber was steckt wirklich dahinter? Einer neuen Studie zufolge dient es womöglich doch tatsächlich der Sicherheit.
Ansteckendes Gähnen: Das könnte der Grund dafür sein
Der Evolutionsbiologe Andrew Gallup von der State University of New York hat sich dafür eine Reihe vorheriger Untersuchungen angeschaut, um aus ihnen Hinweise darauf zu filtern, weshalb gähnen ansteckend ist. Diese hat er dann zu einer eigenen Theorie verdichtet.
Die physiologischen Hintergründe und Prozesse des Gähnens dienen dem aktuellen Kenntnisstand nach der Regulierung der Bluttemperatur, um das Gehirn abzukühlen. Aber warum sollte das von Vorteil sein für mehrere Teilnehmende einer sozialen Spezies? Gallup zufolge könnte es dazu dienen, das Verhalten aller miteinander zu synchronisieren und die gemeinschaftliche Alarmbereitschaft zu erhöhen.
Zusammen gähnen erhöht Aufmerksamkeit
Es mag zunächst paradox anmuten, dass gähnen im Gruppenverbund nicht nur ein Zeichen kollektiver Müdigkeit sein soll, sondern das Gegenteil erzeugt. Tatsächlich gilt es als Weckruf, um die Schläfrigkeit von Individuen zu kompensieren, so Gallup.
Für gewöhnlich gähnen Lebewesen, wenn sich der Status einer Aktivität verändert. Zum Beispiel, wenn sie sich auf eine Rast vorbereiten oder nach dem Schlaf erwachen. Aber auch bei Erwartung von Veränderungen gähnt man, da dadurch Erregung erzeugt oder aufrechterhalten werden kann, selbst wenn die Umwelt keine Stimuli bietet. Die schnelle Kühlung des Gehirns bereitet es auf mögliche Aufgaben vor.
Sind mehrere Artgenossen zusammen, kann das geteilte Gähnen die Wachsamkeit der Gruppe insgesamt erhöhen, während bestimmte Individuen Zeichen eines sich verändernden Zustands zeigen. Die Mehrzahl an gekühlten Gehirnen springt also für das eine ein, das in einem solchen Moment wirklich müde ist.
Alarmbereitschaft auch bei Menschen erhöht
Gallup hat einem Bericht von Science zufolge von einem Experiment erzählt, das er 2021 mit Menschen durchführte. Ihnen zeigte man eine Reihe von Fotos mit bedrohlichen und nicht-bedrohlichen Stimuli – konkret ging es um Bilder von Schlangen und Fröschen.
Dabei achtete man darauf, wie schnell die Bilder eingeordnet werden konnten, nachdem die Teilnehmenden Videos gesehen hatten, in denen Menschen gähnten oder ihren Mund auf andere Weise bewegten. Das Ergebnis: Während das Erkennen der Frösche unverändert blieb, konnten Personen Schlangen und damit die Bedrohung viel schneller erkennen.
Weshalb gähnen ansteckend ist, hängt also mit der Sicherheit zusammen. Im Alltag assoziieren wir damit aber Müdigkeit und Schlaf. Wann sollte man am besten schlafen gehen? Darauf gibt es in der Forschung ebenso eine Antwort wie auf die Frage, wie lange man schlafen soll.
Quellen: Science, „The causes and consequences of yawning in animal groups“ (Animal Behaviour, 2022)
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