Sieben Kilometer vor der ägyptischen Küste liegen die Ruinen der Stadt Thonis-Herakleion. Die Geschichte der einst mächtigen Metropole ist gleichermaßen von ägyptischer und griechischer Kultur geprägt. Daher fasziniert sie Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen bis heute. Ein neuer archäologischer Fund enthüllt nun wichtige Details wie das Leben in der antiken Mega-Stadt gewesen sein muss.
Archäologischer Fund: Versunkene Stadt galt lange als Mysterium
Aus antiken Aufzeichnungen kennen Historiker und Historikerinnen sowohl die ägyptische Stadt Thonis als auch das griechische Herakleion. Lange dachte man, es handle sich um zwei verschiedene Städte. Doch bei Ausgrabungen unter Wasser gelang Forschenden des Europäischen Instituts für Unterwasserarchäologie (IEASM) im Jahr 2000 eine sensationelle Entdeckung: Es handelt sich um ein und dieselbe Metropole, die sowohl ägyptisch als auch griechisch geprägt war. Neue Grabungen des IEASM bringen nun faszinierende Details zum multikulturellen Leben in Thonis-Herakleion zutage.
Das Team um IEASM-Leiter Franck Goddio, der die lange verschollen geglaubte Stadt bereits vor 23 Jahren wiederentdeckte, hat nun in den Tiefen des Roten Meeres die Überreste mehrerer Tempel und Schatzkammern freigelegt. Wie unteranderem CNN berichtet, nutzten die Experten und Expertinnen dafür ein hochmodernes Ortungssystem, mit dem sich Hohlräume auch metertief unter dem Meeresboden aufspüren lassen.
Artefakte zeugen von vielfältigem Leben
Unter drei Metern Lehm fanden die Archäologen und Archäologinnen unter anderem die Überreste eines ägyptischen Tempels. Dieser war dem Gott Amun gewidmet, bestätigt Goddio. Amun war im alten Ägypten der Gott der Schöpfung. Dem Mythos nach verlieh er den Pharaonen ihre gottgleiche Macht.
Aus der Schatzkammer haben die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen viele gut erhaltene Artefakte gehoben, die Auskunft über das religiöse Leben in der Stadt geben. Zu den Funden zählen unter anderem zwei silberne Ritualschalen für Trankopfer, mehrere Alabastergefäße für Salbungen und goldene Götzen. Diese kostbaren Objekte belegen nicht nur, dass die Stadt streng religiös gewesen sein muss, sondern auch sehr reich.
Doch Amun ist nicht die einzige Gottheit, die in Thonis-Herakleion verehrt wurde. Unweit seines Tempels fanden die Forschenden ein Heiligtum, das Aphrodite gewidmet war. Auch die griechische Göttin der Liebe und Schönheit wurde in der antiken Großstadt reich beschenkt: Die griechische Bevölkerung ehrte sie mit Artefakten aus Bronze und Keramik. Diese Objekte belegen, dass die Griechen während der pharaonischen Saïte-Dynastie (664 bis 525 v. Chr.) in der Hafenstadt nicht nur Handel betrieben, sondern auch kulturell-religiöse Spuren hinterlassen haben.
Lesetipp: Nicht alle archäologischen Entdeckungen sind so aufschlussreich wie die von Thonis-Herakleion. Diese sieben mysteriösen Funde stellen für Forschende bis heute ein Rätsel dar.
Aufstieg und Untergang einer antiken Mega-Stadt
Die Beweise für das multikulturelle Leben in Thonis-Herakleion stärken das Bild der versunkenen Metropole als wichtiger Angelpunkt der antiken Welt. Bis zur Gründung Alexandrias im Jahr 331 v. Chr. durch Alexander den Großen war sie die bedeutendste Hafenstadt Ägyptens. Hier trafen frühe europäische auf nordafrikanische Kulturen, um Handel zu betreiben.
Doch auch die mächtige Mega-Stadt war nicht sicher vor den Kräften der Natur. Thonis-Herakleion stand in einem rund 110 Quadratkilometer großen Bereich des Nildeltas, der im achten Jahrhundert n. Chr. von schweren Erdbeben und Überschwemmungen getroffen wurde. Das Fundament der Metropole brach in sich zusammen. Mit dem steigenden Spiegel des Roten Meeres versank die Stadt vollkommen in den Fluten.
Dass der archäologische Fund nach über eintausend Jahren unter Wasser so gut erhalten ist, grenzt an ein Wunder. Das bestätigt auch Forschungsleiter Franck Goddio: „Es ist sehr bewegend, solch empfindliche Gegenstände zu entdecken, die trotz der Gewalt und des Ausmaßes der Naturkatastrophe unversehrt geblieben sind.“
Quelle: CNN
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