Mehr als dreißig Jahre lang steckte der größte Eisberg der Welt in der Antarktis fest. Das gigantische Stück Eis, das fünfmal so groß wie die Landfläche von New York City und mehr als 300 Meter tief ist, löste sich 2020 schließlich und begann langsam in Richtung Südpolarmeer zu driften. Doch nun zeigen Satellitenbilder ein ganz anderes Verhalten des Koloss, als Wissenschaftler*innen vermutet hatten.
Eisberg in der Antarktis zeigt „Tanzbewegungen“
So hatte die British Antarctic Survey (BAS) in einem Post auf X (ehemals Twitter) bereits Anfang des Jahres erklärt, dass der Eisberg namens A23a sich in seiner „drehenden Ära“ befindet. Ein entsprechendes Verhalten wurde zwischen Dezember 2023 und Februar 2024 von Instrumenten an Bord von NASA-Satelliten aufgenommen.
Die Bilder zeigten, dass der Eisberg Anfang Januar an Ort und Stelle zu rotieren begann:
Das Forschungsteam von BAS schreibt: „Der Megaberg #A23a befindet sich in seiner sich drehenden Ära. Diese Tanzbewegungen auf der #IcebergAlley sind Teil der langen, schmelzenden Reise des Eisbergs in wärmere Gewässer.“
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Eisberg dreht sich seit 8 Monaten
Doch damit nicht genug. Nun hat die BAS vor wenigen Tagen einen weiteren Post veröffentlicht, indem es heißt, dass der Eisberg sich auch heute noch um die eigene Achse dreht: „Überraschenderweise ist der Megaeisberg A23a noch immer unter uns und hat seine erwartete Schmelzreise Richtung Norden verschoben. Dieses Stück Eis in der Größe von Cornwall dreht sich jetzt einfach in einem Meereswirbel in der Nähe der Südlichen Orkneyinseln und behält eine entspannte Rotation von 15° pro Tag bei.“
Post der British Antarctic Survey:
Die Ursache dafür ist wohl, dass A23a in einer sogenannten Taylor-Säule gefangen ist. Das ist ein rotierender Wasserzylinder, der sich bilden kann, wenn eine Meeresströmung – in diesem Fall der antarktische Zirkumpolarstrom – auf einen Seeberg trifft, hier die Pirie Bank in der Scotiasee. Seeberge sind Formationen, die sich vom Meeresboden in ca. 3.000 bis 4.000 Meter Tiefe erheben, aber die Wasseroberfläche nicht erreichen.
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„A23a ist der Eisberg, der einfach nicht sterben will“
Zwar sind andere Eisberge in der Vergangenheit, die vergleichbare Routen zurücklegten, bereits in ähnliche Situationen geraten. Die enorme Größe des Eisbergs macht diesen Anblick jedoch besonders ungewöhnlich. „So etwas in einem geophysikalischen Maßstab wie diesem zu sehen, ist wirklich selten,“ sagte Till Wagner, Assistenzprofessor für Eis- und Klimaphysik an der University of Wisconsin-Madison, gegenüber NPR.
Wie lange A23a noch rotieren wird, bevor er sich schließlich komplett loslöst und seine Reise fortsetzt, ist unklar. Bei anderen Eisbergen in der Antarktis hat das Phänomen höchstens mehrere Wochen angehalten. So fasst der Forscher und Polarexperte der Open University, Professor Mark Brandon, gegenüber der BBC treffend zusammen: „Normalerweise denkt man, Eisberge seien vergängliche Dinge; sie zersplittern und schmelzen. Aber nicht dieser hier. A23a ist der Eisberg, der einfach nicht sterben will.“
Quellen: BBC, NPR, X/@BAS_News
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