Im Kontext des russo-ukrainischen Konflikts sind derzeit vor allem die Panzerlieferungen von zahlreichen NATO-Staaten an die Ukraine in aller Munde. Zeitgleich tauchen nach und nach neue Informationen über eine mögliche Involvierung des russischen Präsidenten Vladimir Putin in den Abschuss des Malaysia-Airlines-Fluges 17 (MH17) im Jahr 2014 auf. Verstärkt werden könnte dieser internationale Druck auf Russland nun auch noch aus dem inneren – durch Anonymous.
Anonymous gibt Einblick in „Green Atom“-Programm
Seit Beginn des Krieges in der Ukraine unternimmt das hacktivistische Kollektiv fortwährend alles, um das russische Regime zu schwächen. Dazu gehört zum einen die Störung der Infrastruktur, des Finanzwesens und weiterer Stellen, aber auch die Aufdeckung weiterer illegaler Aktivitäten. Schon im April 2022 stellten die Hackerinnen und Hacker klar, dass ihnen nichts entgeht. Damals lieferte Anonymous Videos direkt aus dem Kreml, nachdem einige seiner Mitglieder die Systeme des Sitzes der Putin-Regierung geknackt und Zugriff auf dessen Sicherheitskameras erhalten hatten.
Nun sollen Mitglieder der losen Vereinigung einen weiteren harten Schritt gegen Russlands Methoden getan haben. In einem Tweet erklärt das Kollektiv, es habe beim Angriff auf den russischen Internetanbieter Convex Informationen über ein Regierungsprojekt mit dem Namen „Green Atom“ entdeckt. Es diene der Überwachung der eigenen Bürgerinnen und Bürger. In Zusammenarbeit mit dem Inlandsgeheimdienst FSB spioniere man deren telefonische und Internetaktivitäten aus – und zwar im großen Stil.
Die Veröffentlichung auf der offiziellen DDoSecrets-Webseite umfasst mitunter Datensätze Tausender russischer Bürgerinnen und Bürger. Sie alle waren zu irgendeinem Punkt Teil der Kundschaft am Programm beteiligter Unternehmen. Für Anonymous ist das der Beweis des Missbrauchs der rechtlichen Strukturen im eigenen Land. Darüber hinaus verfüge man über derzeit noch unveröffentlichte Informationen über die geheimdienstlichen Aktivitäten des FSB selbst.
In Russland illegal
Convex übermittele aktiv Daten nach Moskau, soll ein Hacker in einer E-Mail an die Kyiv Post erklärt haben. Die ukrainische Wochenzeitung zitiert: „Es handelt sich nicht nur um ein präemptives Abhören. Nach russischem Recht ist das illegal, da ein Durchsuchungsbefehl ausgestellt werden muss, bevor eine Überwachung durchgeführt werden kann.“ Die Gruppe CAXXII, eine Art Zweig des Anonymous-Kollektivs, hatte sich zu dem Dokumentendump mit einem Umfang von gut 128 Gigabyte verantwortlich gezeigt.
„‚Green Atom‘ […] bezieht sich auf die Installation und Wartung von weitreichender Überwachungsausrüstung, die zur Überwachung der Online-Aktivitäten des gesamten Datenverkehrs in und aus Convex verwendet wird. […] Dies kann als Spionage, unbefugtes Abhören und Überwachung von Zivilpersonen ohne Genehmigung eingestuft werden, was die Gesetze der Russischen Föderation und alle öffentlichen Erklärungen der russischen Behörden umgeht.“
CAXXII-Hacker (via Kyiv Post)
Dokumente, die die Beteiligung des FSB belegen sollen, hatte Anonymous im vorangegangenen Tweet veröffentlicht. Doch zeigen sie auch ebenjene Unternehmen mit Hilfe derer das Green Atom-Überwachungsprogramm erst funktionieren kann. Das heißt, dass die veröffentlichten Datensätze deren Sicherheit schwächen und weitere Leaks nach sich ziehen könnten. Das bestätigt gegenüber der Kyiv Post auch ein zu Rate gezogener Technologieexperte.
Glaubt man dem anonymen CAXXII-Hacker, ermöglicht es das Programm der Putin-Regierung, „Telefongespräche aufzuzeichnen, alle Daten zu übertragen, die über die Server laufen, […] Kreditkartentransaktionen und E-Mails zu verfolgen und soziale Medien zu überwachen“.
Quellen: Twitter/@AnonymousOpsSE; Kyiv Post
Seit dem 24. Februar 2022 herrscht Krieg in der Ukraine. Hier kannst du den Betroffenen helfen.