Um Schwarze Löcher zu verstehen, dienen verschiedene Modelle und Berechnungen. Unter anderem gibt es die Kerr-Metrik, benannt nach dem Mathematiker Roy Kerr. Doch bisher fehlte für seine Annahmen aus dem Jahr 1963 der mathematische Beweis. Denn dafür müsste man Nachweisen, dass diese gravitationsreichen Objekte so stabil sind, wie wir bisher hoffen.
Wie stabil sind Schwarze Löcher?
Bei der Kerr-Metrik handelt es sich um einen Ansatz, der im Übrigen auf den Feldlösungen von Albert Einstein fußt. Auch wenn Kerr mathematisch akkurat gearbeitet hat, war man sich bislang uneinig, wie gültig seine Berechnungen dennoch sind. Diese bezogen sich nämlich lediglich auf starre Schwarze Löcher.
Doch genau an dieser Stelle haben wir ein Problem: Schwarze Löcher in der freien Wildbahn stehen nicht still. Sie rotieren. Durch diese Bewegung ist also fraglich, inwiefern die Berechnungen Kerrs langfristig gültig sind. Zum Vergleich kannst du es dir so vorstellen, als würdest du eine Person nur in ihrem Aussehen beschreiben können, wenn sie stocksteif vor dir steht. Sobald sie sich bewegt, weißt du gar nicht mehr, wen oder was du da vor dir hast.
Die Frage lautete also was „ist, wenn ich mit etwas beginne, das wie ein Schwarzes Kerr-Loch aussieht, und ihm eine kleine Beule verleihe?“, erklärt der Mathematiker Jérémie Szeftel an der Universität Sorbonne gegenüber Quanta Magazine. Wird sich das Objekt mit der Zeit beruhigen oder wird es unter Stress gänzlich verändert?
Mathematische Instabilität bedeutet Chaos
Das mathematische Experiment von Szeftel und den Kolleg*innen Elena Giorgi von der Columbia University und Sergiu Klainerman von der Princeton University teilt sich in mehrere Studien auf und umfasst insgesamt 2.100 Seiten voller Berechnungen.
Sie fürchteten, dass die Schwarzen Kerr-Löcher instabil sein könnten. Dies „hätte theoretische Physiker vor ein tiefes Rätsel gestellt und die Notwendigkeit nahegelegt, Einsteins Gravitationstheorie auf einer grundlegenden Ebene zu modifizieren“. Vereinfacht gesagt: Wir hätten Mathe und Physik neu denken müssen, um diese gravitationsreichen Objekte im Weltraum zu verstehen.
Für ihre Forschung gingen sie also mithilfe komplexer Differenzialgleichungen mehrere Szenarien durch, wie sich die Objekte verändern könnten. Eine davon lautete unter anderem, dass Gravitationswellen sich verbinden könnten, wenn sie auf ein Schwarzes Loch treffen. Die Folge: Chaos oder wie Giorgi sagte „Gott weiß was“.
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Studie muss noch durch Peer-Review
Mit der Methode „Beweis durch Widerspruch“ reizten sie diese Szenarien mathematisch stark aus, konnten dabei jedoch glücklicherweise feststellen, dass die Kerr-Metrik davon unberührt bleibt. Das bedeutet: Wir verstehen Schwarze Löcher auch, wenn sie nicht absolut still verharren, sie sind trotz Rotation stabil.
Bisher konnten sie das Merkmal der Stabilität nur für langsam rotierende Schwarze Löcher nachweisen. Das Forschungsteam zeigt sich jedoch zuversichtlich, bis zum Ende des Jahrzehnts auch bei schnelleren Rotationen mathematisch eindeutige Ergebnisse zu erzielen.
Für die Wissenschaft bedeutet das, dass weiterhin auf die Kerr-Metrik gesetzt werden kann, um die Objekte zu erforschen. Derweil beschreibt der Mathematiker Demetrios Christodoulou die Errungenschaften des Teams als „einen Meilenstein in der mathematischen Entwicklung der Allgemeinen Relativitätstheorie“. Dem schließt sich auch der Professor Shing-Tung Yau an der renommierten Havard University an und nannte den Beweis „den ersten großen Durchbruch“, bezogen auf die Allgemeine Relativitätstheorie seit den 1990er Jahren.
Quelle: Quanta Magazine
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