Der archäologische Fund wurde in Oulu, Finnland gemacht. Während des zweiten Weltkriegs befand sich dort eine Nazi-Kaserne, die jedoch nach der Kapitulation sich selbst überlassen wurde. In den Bauten siedelten sich kurz darauf dann unterprivilegierte Finnen an. Die dort entstehende Gemeinschaft taufte man Vaakunakylä, was soviel wie „das Dorf von Vaakuna“ bedeutet.
Archäologischer Fund: Siedlung „kriminell und unruhig“
In der Außenwirkung galt die Gemeinschaft von Vaakunakylä als „kriminell und unruhig“. Die autonome Bevölkerung, die abseits des Sozialsystems lebte, wurde entsprechend in den 1980er Jahren vertrieben. Die Siedlung riss man ab.
Nichtsdestotrotz gibt es Überreste, die heute einen widersprüchlichen archäologischen Fund darstellen. „Die Außenwahrnehmung dessen, was man als ‚schlechte‘ Nachbarschaften bezeichnen könnte, kann sich deutlich von der Art und Weise unterscheiden, wie die Gemeinden sich selbst sehen“, zitiert Heritage Daily Dr. Oula Seitsonen.
Denn anders als bisher angenommen, ging es in der Gemeinschaft weitaus zivilisierter zu. In einer entsprechenden Studie thematisiert das Forschungsteam um Seitsonen die ungeahnten Artefakte, die man in der ehemaligen Siedlung fand.
„Das materielle Erbe des Vaakunakylä-Gebietes war vor unserer Forschung praktisch unbekannt, und durch die Untersuchung eines ehemaligen Nazi-Militärlagers, das in ein finnisches Arbeiterviertel umgewandelt wurde, können wir verschiedene vernachlässigte gesellschaftliche Themen untersuchen“
Dr. Oula Seitsonen
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Kindern ging es überraschend gut
Der archäologische Fund offenbarte Kindermedikamente, Schnuller und Spielsachen. Auf die Gesundheit und Freude die Kleinen wurde augenscheinlich großen Wert gelegt. Auch Interviews ehemaliger Bewohner*inne erklären, dass das Leben dort „gut genug“ gewesen sei – auch für die Kinder. Darüber hinaus hatten einige Bewohnende auch überraschend kostbare Besitztümer, die über das absolut Notwendige hinausgingen, wie Porzellanwaren.
„Sowohl die Funde als auch die gesammelten mündlichen Überlieferungen vermitteln ein anderes und differenzierteres Bild der Vaakunakylä-Gemeinschaft als das weit verbreitete Bild der Gegend als unruhige und kriminelle Slum-ähnliche Elendsviertel“
Dr. Oula Seitsonen
Das Forschungsteam erhofft sich von ihrer Arbeit, dass das öffentlich machen dieser Realität einen heilenden Effekt auf die marginalisierte Gesellschaft der Vaakunakylä haben wird.
Quelle: Heritage Daily, „Contemporary archaeological perspectives on intersectional inequality in a welfare state in twentieth-century Finland“ (Cambridge University Press, Februar 2024)
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