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Forscher alarmiert: Studie prognostiziert globale Katastrophe

Mikroplastik durchdringt Ozeane und Atmosphäre in besorgniserregendem Tempo. Selbst strengste Umweltmaßnahmen können diesen alarmierenden Trend kaum aufhalten.

Planet Erde aus dem All
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Die Arktis – so bald könnte sie schon eisfrei sein

Forschende haben ein neues Datum errechnet, wann die Arktis das erste Mal eisfrei sein könnte. Die Ergebnisse sind alarmierend.

Seit den 1950er-Jahren wurden weltweit über 10.000 Teragramm (Tg) Plastik produziert. Diese riesige Menge hat zu einer globalen Verschmutzung geführt – von abgelegenen Bergregionen bis in die tiefsten Teile der Ozeane. Eine aktuelle Studie unter der Leitung des niederländischen Biogeochemikers Jeroen Sonke modelliert erstmals umfassend, wie sich Plastik – insbesondere Mikroplastik – über Land, Meer und Atmosphäre verteilt. Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass bisherige Schätzungen die tatsächliche Umweltbelastung stark unterschätzen.

Mikroplastik: 4 Szenarien für die Zukunft

Im Jahr 2015 befanden sich bereits 263 Tg Plastik in den Weltmeeren. Der Großteil davon liegt nicht sichtbar an der Oberfläche, sondern ist in tieferen Wasserschichten und Meeresböden abgelagert. Nur ein kleiner Teil treibt sichtbar auf dem Wasser oder sammelt sich an Stränden. Gleichzeitig zeigen die Modellrechnungen, dass auch an Land gewaltige Mengen Plastik lagern – vor allem in offenen Deponien und schlecht verwalteten Abfalllagern.

Um die Zukunft der Verschmutzung durch (Mikro-)Plastik besser einschätzen zu können, simulierten Sonke und sein Team im Rahmen ihrer im Fachjournal Science Advances veröffentlichten Studie vier politische Szenarien bis zum Jahr 2100:

  • Business-as-usual: Die Plastikproduktion steigt ungebremst weiter, das Abfallaufkommen verdreifacht sich bis 2060, und es werden kaum Maßnahmen gegen falsch entsorgten Plastikmüll ergriffen.
  • Regionales Handeln: Verbesserte Abfallwirtschaft vor allem in Nicht-OECD-Ländern reduziert die Plastikproduktion um 18 Prozent im Vergleich zu Business-as-usual, Recycling steigt moderat, die globale Wirkung bleibt begrenzt.
  • Globale Ambition: Weltweite Maßnahmen senken die Plastikproduktion um 33 Prozent, Recycling steigt auf 60 Prozent, und falsch entsorgter Plastikmüll soll bis 2060 nahezu vollständig vermieden werden.
  • Systemwandel-Szenario: Ein tiefgreifender Umbau des gesamten Plastikkreislaufs halbiert die Produktion von Neuplastik, Recycling deckt mehr als die Hälfte des Bedarfs, und umfassende Veränderungen in Konsum und Produktdesign ergänzen politische Maßnahmen.

Die beiden letzteren Szenarien streben an, bis 2060 nahezu keine falsch entsorgten Plastikabfälle mehr zu erzeugen. Dennoch zeigen die Modelle, dass sich die positiven Effekte erst deutlich später bemerkbar machen. Grund dafür ist die anhaltende Zersetzung von Altplastik, das über Jahrzehnte hinweg Mikroplastik freisetzt.

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Plastik in Ozeanen und Atmosphäre

Kleine Mikroplastikpartikel sind besonders problematisch. Sie breiten sich leicht über Wind und Wasser aus und bleiben lange in Umwelt und Atmosphäre. Ihre Konzentrationen steigen – selbst bei den ambitioniertesten politischen Maßnahmen – weiterhin an. In Flüssen und Abflüssen sind die Belastungen um ein Vielfaches höher als im offenen Meer. Diese Partikel gefährden nicht nur aquatische Ökosysteme, sondern auch die menschliche Gesundheit.

Der Eintrag von Plastik aus der Umwelt an Land in die Ozeane und die Atmosphäre nimmt laut Modell kontinuierlich zu. Ohne Gegenmaßnahmen könnten sich diese Mengen bis 2060 verdreifachen. Auch bei Globaler Ambition oder Systemwandel verlangsamt sich dieser Trend nur. Grund ist das sogenannte Altlastenproblem: Plastik, das sich bereits in der Umwelt befindet, gelangt weiterhin ins Meer, obwohl kaum noch neuer Müll dazukommt.

Die Studie macht deutlich, dass es nicht ausreicht, ausschließlich neue Abfälle zu vermeiden. Die bereits vorhandene Plastikmenge in der Umwelt zersetzt sich weiter, fragmentiert zu Mikroplastik und verteilt sich global. Besonders kritisch sind Deponien in Küstennähe – weltweit gibt es über 100.000 davon, viele davon ungesichert und durch Erosion gefährdet. Auch moderne Deponien sind keine dauerhafte Lösung, wenn Plastik langfristig freigesetzt werden kann.

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Appell an die Politik

Es braucht daher mehr als nur gute Recyclingquoten und Produktionsgrenzen. Die Forschenden empfehlen, bestehende Altlasten gezielt zu beseitigen – zum Beispiel durch sichere Einlagerung oder kontrollierte Verbrennung. Ohne diese zusätzlichen Maßnahmen lässt sich die Belastung von Umwelt und Gesundheit kaum wirksam eindämmen, selbst wenn alle geplanten Maßnahmen konsequent umgesetzt würden.

„Wenn wir wollen, dass sich das Ökosystem schneller erholt, dann müssen die politischen Bemühungen eine aktive Sanierung des terrestrischen MMPW [Mismanaged Plastic Waste]-Pools, die Verbringung der zurückgewonnenen Kunststoffe auf Mülldeponien oder ihre Verbrennung beinhalten“

Quelle: „Global environmental plastic dispersal under OECD policy scenarios toward 2060“ (Sciences Advances, 2025)

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